Im Januar 2011 konnte die Einrichtung im Zuge des Bahnhofumbaus in neue Räumlichkeiten einziehen. Doch nicht nur dadurch macht die Einrichtung einen frischen Eindruck. Im Laufe der Jahrzehnte wurde das Konzept der Einrichtung immer wieder neu auf die Bedürfnisse der Menschen am Bahnhof abgestimmt.
Erstmals wird die Aschaffenburger Einrichtung im Jahr 1912 auf Bundesplakaten erwähnt. Damals arbeiteten engagierte Frauen an den Bahnhöfen mit dem Ziel, alleine reisende junge Frauen, die auf der Suche nach Arbeit in die Stadt kamen, vor Ausbeutung und Mädchenhandel zu schützen. Von Anfang an wurde dieses Engagement ökumenisch ausgerichtet. Neben der evangelischen und der katholischen Kirche arbeiteten vermutlich auch jüdische Frauen, auch wenn es dafür keine schriftliche Zeugnisse mehr gibt.
Nach dem Krieg wurden gemeinsam mit dem Roten Kreuz vor allem Flüchtlinge, Kriegsheimkehrer und Soldaten mit Decken, Suppe und Tee versorgt. Bis 1956 wurde die Betreuung im wesentlichen im Wartesaal des Bahnhofs geleistet. Dann bekamen die Mitarbeiter einen 9 qm großen Raum zur Verfügung gestellt, der 1999 um weitere 15qm vergrößert wurde. Wegen der beengten Situation stand vorher vor allem die Arbeit am Gleis im Vordergrund, mit der Vergrößerung konnten auch verstärkt Beratungsgespräche durchgeführt werden.
Seit Januar 2011 verfügt die Aschaffenburger Bahnhofsmission nun im neu umgebauten Bahnhof einen großen Raum mit Besprechungszimmer und Büro. Für die Deutsche Bahn und dem Investor Ferdinand Fäth war es keine Frage, dass die Einrichtung ihre gute Lage an Gleis 2 behalten und sogar auf insgesamt 50qm ausweiten kann. Und der festgestellte Bedarf stützt diese Entscheidung: im Jahr 2011 haben über 9000 Hilfesuchende Kontakt mit der Aschaffenburger Bahnhofsmission aufgenommen, ein Anstieg um über 1000 Personen im Vergleich zu 2010.
Der Verein IN VIA - Katholische Mädchensozialarbeit und das Diakonische Werk Untermain sind gemeinsam Träger der Einrichtung. Sie finanzieren die Arbeit aus Zuschüssen und Spenden und halten damit die Türen offen für Menschen aus allen Lebensbereichen und Altersschichten. Unter den Hilfesuchenden sind Reisende, die sich informieren wollen, Kinder, die alleine unterwegs sind, aber auch Stammgäste mit sozialen Problemlagen, die den Besuch der Einrichtung in ihre Tagestruktur eingebaut haben. Die Mitarbeiter, in ihren leuchtend blauen Jacken schon von weiten zu erkennen, bieten neben der helfenden Hand auch eine Tasse Kaffee oder Tee an und haben Zeit für ein Gespräch. "Unsere Einrichtung ist ein ganz niederschwelliges soziale Angebot" sagen Bärbel Wosilus vom Diakonischen Werk und Dr. Sabine Lange vom IN VIA - Vorstand.
Seit Januar 2012 arbeitet Silvia Elbert hauptamtlich mit einer halben Stelle in der Einrichtung. Gemeinsam mit den zehn Ehrenamtlichen deckt die Sozialarbeiterin die Öffnungszeiten der Einrichtung ab. "Zuhören können ist das Wichtigste" sagt sie über ihre Arbeit. Oft werden die Betroffenen dann nach dem Erstgespräch an eine andere Stelle weiter vermittelt. Die Bahnhofsmission ist gut mit den kirchlichen und kommunalen Hilfsangeboten der Stadt vernetzt. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter werden mit einem Grund- und einem Aufbaukurs auf ihre Tätigkeit vorbereitet.
Frau Brigitte Adami zum Beispiel ist eine von ihnen. Als sie vor 12 Jahren ins Team mit Einstieg war nach langen Arbeitsjahren in einem Büro der Wunsch, etwas mit und für Menschen zu tun die Hauptmotivation für ihr Engagement. Sie gibt heute offen zu, dass es Tage gibt, an denen sie sich fragt: "Warum tue ich mir das an?". Aber dann, so beantwortet sie sich ihre Frage selbst, merke sie, wie sie aus ihrem Einsatz für die Hilfesuchenden viel Freude schöpft. Adami bilanziert für sich: "Die Arbeit gibt mir viel zurück, sonst würde ich sie nicht machen."
Elbert hofft auf weitere ehrenamtliche Mitarbeiter, um in Zukunft mit Doppelschichten präsent sein zu können. Das würde auch der steigenden Nachfrage gerecht: "Seit wir die neuen Räumlichkeiten haben, ist die Anzahl der Besucher von 20 bis 30 am Tag auf 40 bis 50 am Tag gestiegen", so die Sozialarbeiterin. Wenn die Schicht mit jeweils zwei Personen besetzt wäre, könne man auch wieder stärker an den Bahnsteigen präsent sein.
Das 100jährige Jubiläum feiert die Aschaffenburger Einrichtung am Samstag, den 21. April, dem bundesweiten Tag der Bahnhofsmissionen. Neben einem Ökumenischen Gottesdienst um 11 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz erwartet die Besucher ein buntes Programm mit Tanzgruppen und eine Tombola. Eine gute Gelegenheit, sich die Bahnhofsmission mal von innen anzusehen.
Einen Radiobeitrag über die Bahnhofsmission Aschaffenburg finden Sie unten zum Download.
Kurz-Info: Bahnhofsmission Aschaffenburg
Gegründet 1912
Träger: IN VIA - Katholische Mädchgensozialarbeit und Diakonisches Werk Unterfranken
Öffnungszeiten: Werktags 8 - 17 Uhr; Samstags: 8 - 12 Uhr
Spendenkonto: Bahnhofsmission Aschaffenburg, KontoNr. 860 60 06, BLZ: 795 500 00, Sparkasse Aschaffenburg
Kontakt: Tel.: 06021-337 134; Mail: s.elber@invia-aschaffenburg.de