Mömbris/Krombach (POW) „Wir machen das ganz Normale – halt ein bisschen anders.“ So fasst Pastoralreferentin Stefanie Krömker die Arbeit in den Pfarreiengemeinschaften „Mittlerer Kahlgrund, Mömbris“ und „Christus Immanuel, Krombach“ zusammen. Im Oktober 2016 startete das Projekt „Doppelpfarreiengemeinschaft“ mit der Einführung eines gemeinsamen Seelsorgeteams. Seitdem betreuen acht Seelsorger insgesamt 13 Kirchengemeinden mit zusammen rund 12.600 Katholiken, deren Zahl durch Zuzüge aus dem Rhein-Main-Gebiet jährlich steigt. Unterstützt wird das Team seit Januar 2017 von Verwaltungsleiter Roland Gerhart. Jeder Gemeinde sei ein Seelsorger als fester Ansprechpartner zugeteilt worden, erklärt Dekan Stefan Eirich. „Wir setzen konsequent auf die Mitverantwortung der Ehrenamtlichen. Wer sich engagiert, hat bei uns viele Möglichkeiten.“
Eirich vergleicht die Struktur der Doppelpfarreiengemeinschaft mit einem Doppelhaus. Da gibt es zum einen ein gemeinsames „Dach“, bestehend aus dem leitenden Pfarrer Eirich, Verwaltungsleiter Gerhart und dem Seelsorgeteam. Die Pastoralreferentinnen Katja Roth und Stefanie Krömker sind koordinierende Leiterinnen für die Pfarreiengemeinschaften „Christus Immanuel“ beziehungsweise „Mittlerer Kahlgrund“. „Es ist schon mehr Arbeit, wenn man viele Orte koordinieren muss. Aber als Pastoralreferentin habe ich für diese Aufgabe gute Qualifikationen. Es ist schön, eine Verantwortung übertragen zu bekommen, bei der alle Kompetenzen gefragt sind, von der theologischen bis zur Leitungskompetenz“, sagt Roth. Zudem wurde jeder Gemeinde ein Seelsorger als fester Ansprechpartner zugeteilt. Pastoralreferent Johannes Dürig ist beispielsweise für Geiselbach und Gunzenbach zuständig. „Das Schöne an dieser Struktur ist, dass die Gemeinden auch in ihren Unterschiedlichkeiten bestehen können. Die Menschen bekommen nicht das Gefühl, dass ihnen etwas aufgedrückt wird“, erklärt er. Im Gegenzug wurden manche Aufgabengebiete zentralisiert. So wurde bereits 2015 das Seelsorge-Handy für das gesamte Dekanat Alzenau eingeführt, damit rund um die Uhr ein Seelsorger für Notfälle erreichbar ist. „Das ist eine Frage der Erreichbarkeit von Kirche in größeren Gebieten und Teams“, sagt Krömker.
Das Doppelhaus selbst wird von den Haupt- und Ehrenamtlichen gemeinsam mit Leben gefüllt. „Es ist eine Besonderheit des Kahlgrunds, dass sich hier viele Menschen finden, die ihre guten Qualifikationen kostenlos zur Verfügung stellen. Wir müssen die Ehrenamtlichen aber auch dazu befähigen, dass sie Dinge auf die Beine stellen können, die ihnen am Herzen liegen. Unser Modell hat sehr stark die Eigenverantwortung im Blick und fördert sie auch“, sagt Eirich. Dazu werden regelmäßig Fortbildungen angeboten, etwa für Lektoren und die Beauftragten für die Wort-Gottes-Feiern, für Engagierte in der Jugendarbeit ebenso wie für Besuchsdienste. Die Bedeutung des Ehrenamts betont auch Abbé Matthieu Ilunga, mitarbeitender Priester aus der Demokratischen Republik Kongo und Ansprechpartner für die Pfarreien im Westerngrund: „Egal ob in der Zivilgesellschaft oder in der Kirche: Ohne das Ehrenamt wären die Dinge sehr kompliziert.“ In seiner Heimat seien manche Pfarreien so groß wie die komplette Diözese Würzburg. Das kirchliche Leben konzentriere sich deshalb auf die kleinen Basisgemeinschaften, erklärt er. „Das sind Gemeinschaften von Laien unter der Leitung eines Priesters. Sie machen alles außer den Gottesdiensten.“
Für die Hauptamtlichen bietet die neue Struktur die Möglichkeit, sich zu spezialisieren. Bei der Aufgabenverteilung habe jeder auch individuelle Wünsche äußern können, erklärt Pastoralreferentin Roth. So kümmert sich etwa Michael Friebel, Diakon mit Zivilberuf, hauptsächlich um die Seniorenarbeit, während Kaplan Mihai Vlad nicht nur Ansprechpartner für die Filialen Hohl und Reichenbach, sondern auch für die Firmvorbereitung zuständig ist. Ein Anliegen von Pastoralreferentin Krömker ist die Seelsorge für Frauen aus Osteuropa, vor allem aus Polen, die im Kahlgrund pflegebedürftige Menschen betreuen. „Man sollte Belastungen dieser Arbeits- und Lebensform nicht unterschätzen“, sagt sie. Deshalb werde etwa sechsmal im Jahr ein Gottesdienst in polnischer Sprache mit anschließender Begegnung angeboten. „Jeder macht etwas, wo er Herzblut jenseits des Notwendigen investiert“, sagt Dekan Eirich. Doch sei mit dem vorhandenen Personal nicht alles machbar: „Für Zukunftsthemen, etwa andere Gottesdienstformen, haben wir nur wenig Zeit.“ Er selber baut gegenwärtig die Öffentlichkeitsarbeit auf und kümmert sich schwerpunktmäßig um die Einzelseelsorge.
Eine große Entlastung habe die Einstellung von Roland Gerhart als Verwaltungsleiter gebracht, ist sich das Team einig. „Zentralisieren, wo es notwendig und nützlich ist, um die ehrenamtliche Arbeit in den Orten zu stärken“, lautet Gerharts Motto. Er entlastet das Seelsorgeteam in finanziellen, technischen und rechtlichen Angelegenheiten, ist stellvertretender Kirchenverwaltungsvorstand in den Kirchenstiftungen und unterstützt die Arbeit der Ehrenamtlichen in den Kirchenverwaltungen. Durch gemeinsamen Einkauf habe man beispielsweise nennenswerte Einsparungen erzielen können. Wichtig sind für Gerhart funktionierende Netzwerke, etwa zwischen den Kirchenverwaltungen, aber auch mit den Kommunen. Kirchenverwaltungen seien ein „Pool von erfahrenen Leuten“, die voneinander profitieren und ihre Erfahrungen austauschen können.
Im Frühjahr soll erstmals ein gemeinsamer Pfarrbrief erscheinen. „Wir streben einen professionellen Pfarrbrief mit einem gemeinsamen Mantelteil und eigenen Lokalteilen an“, erklärt Dekan Eirich. Pastoralreferent Johannes Simon, Leiter des Fachbereichs Öffentlichkeitsarbeit in der Pfarrgemeinde/Pfarrbriefservice, habe zudem angeregt, auch die Nicht-Kirchgänger in den Blick zu nehmen. „Den Pfarrbrief mit rund 60 Seiten lesen nur jene, die einen direkten Bezug zur Gemeinde und zu den Terminen haben. Wichtig ist es aber, den Brückenschlag zu allen Katholiken hinzubekommen“, erklärt Simon. So wurde an Weihnachten 2017 erstmals eine Broschüre mit einem Grußwort des Dekans an alle Katholiken im Kahlgrund verteilt. Darin waren auch die Termine der Adventsmärkte aufgelistet. „Die waren nicht unbedingt katholisch, aber für die Menschen interessant. Ich finde, das ist eine kreative Geschichte“, sagt Simon.
sti (POW)
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