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Wenn Theologie auf Weinkunde trifft

„Biblische Weinprobe“ mit ehemaliger Deutscher Weinkönigin Eva Brockmann und Michael Pfeifer, Referent für liturgische Bildung im Martinushaus

Aschaffenburg (POW) „Meistens ist eine solche Fortbildung deutlich trockener. Eine echte Königin hatte ich schließlich auch noch nie dabei“, erklärt Michael Pfeifer, Referent für liturgische Bildung, gleich zu Beginn der „Biblischen Weinprobe“. Es geht um Wein, natürlich. Aber auch um theologische Aspekte. Mehr als 20 Personen vom Untermain haben sich im Aschaffenburger Martinushaus versammelt, um sich dem Thema in Theorie und Praxis zu nähern. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben, der Einladung folgend, jeweils eine Flasche des Weins mitgebracht, der in ihrer Gemeinde bei der Eucharistiefeier verwendet wird oder wurde.

Für den weinkundlichen Teil hat Eva Brockmann, ehemalige Fränkische und Deutsche Weinkönigin, gleich grundsätzliche Tipps parat. Zuerst wird mit einem Blick die Farbe des Weins geprüft. „Dann rieche ich zunächst ins ungeschwenkte, dann ins geschwenkte Glas hinein, um den Duft des Weins aufzunehmen.“ Beim Trinken sei es wichtig, den ganzen Mundraum zu benetzen, um alle Geschmacksknospen auf der Zunge einzusetzen. Erster Wein des Abends ist ein Müller-Thurgau der Winzergenossenschaft Hörstein. „Die letzte Festung im Westen“, scherzt die gebürtige Haibacherin. Die drei anderen fränkischen Weinbaugenossenschaften Sommerach, Nordheim und Kitzingen liegen deutlich östlicher. „Müller-Thurgau war in Franken früher die wichtigste Rebsorte, zu viel Ertrag hat dessen Ruf geschädigt. Heute ist der Silvaner bei uns die wichtigste Rebsorte “, erzählt die ausgebildete Winzerin und Inhaberin eines Studienabschlusses in Weinbau und Önologie. Einen Duft von Apfel und Birne habe der Wein im Glas. „Ein runder Wein und ein perfekter Start.“

Eine „Partyreligion“

Vom Christentum als „Partyreligion“ spricht Pfeifer. Gemeint ist: Wie man nach einer bestandenen schweren Prüfung Freunde und Familie einlädt, um zusammen zu feiern, sich das Ganze etwas kosten lässt und von den überstandenen Herausforderungen spricht, so ähnlich funktioniere auch die Danksagung (griechisch: Eucharistie). Dass in der Messe durch den Heiligen Geist Wein und Brot in Blut und Leib Christi verwandelt werden, auch wenn sich dem Anschein nach nichts daran ändert, erklärt er mit folgender Analogie: „Eine Garage dient für gewöhnlich zum Parken von Autos. Wenn Sie dort eine große Modelleisenbahnanlage aufbauen, ändert sich das Wesen, die ‚Substanz‘. Äußerlich bleibt es jedoch eine Garage.“ Gemeinsam singt die Runde „So lang es Menschen gibt auf Erden“, im Gotteslob die Nummer 425. „Du bist das Licht, schenkst uns das Leben, du holst die Welt aus ihrem Tod, gibst deinen Sohn in unsre Hände, er ist das Brot das uns vereint“, heißt es in dem Lied.

Der nächste Wein ist ein Riesling, „die Königin der deutschen Rebsorten“, wie Brockmann sagt. 30 Prozent der 100.000 Hektar in Rheinhessen sind Weinberge mit Riesling. „Franken hat insgesamt 24.000 Hektar Weinberge. Nur zum Vergleich: In Frankreich kommt allein die Region Burgund auf 108.000 Hektar Rebfläche.“ Charakteristisch für den Riesling sei die Säure, die ihn insbesondere für Süßweine geeignet mache. „Letztlich ist es immer eine Geschmacksfrage. Ein guter Wein ist der, den ich gern trinke.“ Jedem Wein sei gemeinsam, dass der Winzer diesen in der Regel komplett aus einer Hand herstelle. Das fange bei der Rebenpflege im Weinberg bei eisiger Kälte an, gehe über das Ernten bei großer Hitze, fortgesetzt über das Keltern, Vergären und Abfüllen bis schließlich hin zum Etikettieren. Beim Bier sei die Erzeugung des Endprodukts auf deutlich mehr Betriebe verteilt, erläutert die Fachfrau.

Messwein und die Konfessionen

Bei der Rebsorte gebe es für Messweine keine kirchlichen Vorschriften, erläutert Pfeifer. Geeignet sei prinzipiell jeder Qualitätswein, weil mit dieser Bezeichnung von staatlicher Seite garantiert sei, dass der Wein die benötigte Güte besitzt. „Weißwein wurde ursprünglich nicht in der Messe verwendet. Bis ins 15. Jahrhundert hinein nutzte man Rotweine, erst durch ein päpstliches Dekret kam der Wechsel zum Weißwein.“ Grund waren wohl die zunehmenden vermeintlichen „Blutwunder“, wenn Priester aus Unachtsamkeit in der Messe Wein vergossen. In den Kirchen der Orthodoxie werde heute ausschließlich Rotwein genutzt, bei Protestanten gebe es keine Festlegung. „In der katholischen Kirche wird heute meist Weißwein genutzt.“ Protestanten waren es auch laut Pfeifer, die sich daran störten, dass Laien in der Messe nicht auch vom Wein bekamen. „Der erste war Jan Hus, der dafür auf dem Scheiterhaufen endete.“ Das gemeinsame Trinken aus einem gemeinsamen Becher sei ein Zeichen des Vertrauens, oder anders ausgedrückt „Communio“. „Bei den Orthodoxen werden Hostienstückchen in den Wein getaucht und den Gläubigen mittels eines Löffelchens in den Mund gereicht. Geübte Priester schaffen das berührungsfrei – es braucht dafür aber auch geübte Gläubige.“

Aus dem Bocksbeutel, „einem fränkischen Original“, schenkt die ehemalige Weinkönigin einen weißen Burgunder ins Glas. „Das ist ein schönes Beispiel für die internationaler werdende Weinwelt.“ Die „sehr elegante“ Rebe besteche nicht zuletzt durch Aromen von Pfirsich und Aprikose und schmecke leicht süßlich und cremig. Woher der Name Bocksbeutel stammt, veranschaulicht Brockmann, indem sie die Flasche am Hals an ihren Hosenbund drückt und ein paar Schritte geht. Anders als zuvor bei der runden Flasche schlägt der Bocksbeutel dabei nur vor und zurück und nicht nach allen Seiten. „Es war der Buxenbeutel, das Transportbehältnis, das man immer mit sich getragen hat.“

Das Alte Testament berichtet davon, dass Noah den Weinbau erfunden hat, weiß Pfeifer. „Und die Propheten verwenden wiederholt das Bild vom himmlischen Hochzeitsmahl, bei dem der Wein in Strömen fließt.“ Bei nomadischen Völkern sei Alkohol generell verboten, was bis heute einen Niederschlag im Islam gefunden habe. Im Heiligen Land sei Wein ein teurer Importartikel für die Oberschicht gewesen. Das Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris war laut Pfeifer traditionell eine Biergegend, mit Ninkasi als Gottheit, die das Wunder der Gärung und damit der Entstehung des Alkohols vollbringt. Zu dieser Droge habe die Bibel ein differenziertes Verhältnis: Es werde zum Beispiel im Buch der Sprichwörter vor übermäßigem Konsum gewarnt, da Alkohol zu Übelkeit, Taumeln und Kontrollverlust führen könne. Zugleich heißt es zum Beispiel in Psalm 104, dass Wein den Menschen froh mache.

Comeback für alte Rebsorten

So ist es für Brockmann zum Beispiel beim „Alten Satz“ vom „Oschäffer Kapällsche“. Bei dieser ältesten Anbauart wurde nicht wie heute sortenrein angebaut, sondern es wuchsen zugleich bis zu zwölf Rebsorten in einem Weinberg. „Damit konnte der Winzer sicher sein, dass er unabhängig von Wetter und Schädlingen sicher auf eine ausreichende und gut vergärbare Mostmenge kommt.“ Einige der früher dort verwendeten Sorten wie Adel- oder Vogelfränkisch, Heunisch, Hartblau oder Roter Gutedel würden heute wiederentdeckt. „Sie kommen alle gut mit Trockenheit und Hitze klar.“ Besondere Freude macht der ehemaligen Weinkönigin der abschließende Wein des Abends: ein französischer Süßwein, Jahrgang 1987. „Er ist damit zwölf Jahre älter als ich.“ Die hellbraune Farbe und Aromen von Dörrobst und Sherry seien Hinweise auf eine gewisse Alterung. „Der Wein lässt sich noch immer trinken. Er muss einmal herausragend gewesen sein.“

Ein positives Fazit der Veranstaltung ziehen die Teilnehmer. „Für mich war überraschend, dass das Thema Wein sich fast wie ein roter Faden durch die Bibel zieht. Ich lasse mir von Herrn Pfeifer die Bibelstellen schicken, einfach um alles noch mal nachzulesen“, sagt Michael Pfaff aus Aschaffenburg-Damm. Auch Monika Sauer aus Dörnsteinbach nimmt wichtige Erkenntnisse mit. „Wie die Weinkönigin erklärt hat, braucht das Herstellen von Wein ja nicht gerade wenig Aufwand und Arbeit. Das war mir ganz neu und sehr, sehr interessant.“

mh (POW)

(0725/0187; E-Mail voraus)

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