Sie bleibt bei Jesus sitzen und redet mit ihm. Marta ist sauer auf ihre Schwester und knallt ihren Ärger sogar dem Gast hin; er solle doch bitte auch etwas dazu sagen. Die Antwort, die Jesus gibt, macht die emsige Marta sicher nicht zufrieden: Er spricht zwar von ihren Sorgen und Mühen, stellt aber dann fest, dass Maria „den besseren Teil" gewählt hat.
Was tut Jesus da denn? Findet er es in Ordnung, dass die Arbeit so einseitig verteilt ist? Unterstützt er die Faulheit der Maria?
Viele Generationen von pflichtbewussten Hausfrauen hatten so ihre Probleme mit dieser Geschichte. Aber vielleicht geht es Jesus gar nicht um eine Parteinahme in diesem Streit der Schwestern.
Vielleicht heißt das Schlüsselwort zum Verstehen „Ausgleich". Jesus ist immer wieder Menschen begegnet, die am Rande der Erschöpfung stehen. „Burnout-Syndrom" nennen wir das in der Sprache unserer Zeit. Es gibt Menschen, die brennen aus, weil sie sich zu sehr verausgaben und nicht auf ihr inneres Gleichgewicht achten. In Marta begegnet uns eine von denen, die zu viel geben und zu wenig nehmen. Marta-Menschen setzen sich selbst immer mehr unter Druck – im Beruf, in der Familie, in ihrem Engagement für andere. Besonders für solche Menschen hatte und hat Jesus eine frohe Botschaft: „Du bist mehr als das, was du leistest". Natürlich ist Geben wichtig, natürlich fordert Jesus Einsatz für gute Beziehungen, für gerechte Arbeitsbedingungen und ein faires Miteinander. Das alles kostet Kraft. Doch nur, wer sich auch beschenken lassen kann und immer wieder zur Ruhe und Entspannung findet, der kann diese Aufgaben bewältigen.
Ich lasse mir von Jesus mit dieser Geschichte gerne sagen: „Nimm dir immer wieder eine Auszeit. Achte darauf, dich nicht über deine Kräfte zu verausgaben; damit nützt du keinem. Fülle deine Energietanks mit dem, was dir gut tut."
Peter Michaeli,
Pastoralreferent und Eheberater in Aschaffenburg