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Dokumentation

„Unser Leben mit Gott versöhnen lassen“

Predigt von Bischof Dr. Franz Jung bei der Messe in der Justizvollzugsanstalt Aschaffenburg am Montag, 23. Dezember 2024

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

wir haben eben die Weihnachtsbotschaft des Propheten Jesaja gehört mit einem Wort, das uns Trost schenkt und uns in dieser schwierigen Lebenssituation aufbauen möchte.

Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht; über denen, die im Land des Todesschattens wohnten, strahlte ein Licht auf

Das Wort vom „Volk in der Finsternis“ können Sie sicherlich nachvollziehen. Denn gerade in diesen winterlichen Tagen lebt man auch im Gefängnis im Dunkeln. Das Dunkel wird zum Ausdruck der Hoffnungslosigkeit und zum Gefühl, allein gelassen zu sein. Gerade vor Weihnachten spüren wir diese Einsamkeit besonders schwer. Wir sehnen uns nach Familie und Geborgenheit. Da erwacht die Sehnsucht nach einem Lichtblick. Heute wird uns gesagt, dass diese Sehnsucht nicht ins Leere geht, sondern ihre Erfüllung findet im liebevollen Blick des Kindes in der Krippe, das uns anschaut.

Denn sein drückendes Joch und den Stab auf seiner Schulter, den Stock seines Antreibers zerbrachst du

Dieses Kind, sagt der Prophet Jesaja, zerbricht das Joch auf der Schulter. Wir kennen dieses Joch. Es sind die Vorwürfe, die wir uns selbst machen. Wir können uns oft selbst nicht vergeben. Es sind die Vorwürfe an andere, die Mitschuld tragen an unserer Situation und die uns vielleicht sogar zum Bösen angestiftet haben. Ein Joch ist sicher auch der Zweifel an sich selbst und am Sinn des Lebens. Ein Joch ist auch die Scham über das eigene Versagen. Ein Joch ist auch der Zwang, nach außen immer stark sein zu müssen und seine eigene Verletzlichkeit nicht eingestehen zu können. Ein Joch ist die Sorge um die Angehörigen. Ein Joch ist aber auch das mit sich selbst eingeschlossen sein, so dass man nicht weglaufen kann vor sich selbst. Das Kreisen um die eigenen Probleme wird zum Antreiber, von dem der Prophet spricht, der uns um unsere innere Ruhe bringt, uns ermüdet und uns bisweilen in den Wahnsinn treibt. Dieses Joch wird an Weihnachten zerbrochen.

Ein Kind wird uns geboren, ein Sohn wurde uns geschenkt

An Weihnachten feiern wir ein Fest, das große Fest der Neugeburt des Menschen. Was wir nicht selbst machen können und uns vielleicht so sehr wünschen – noch einmal alles auf Null zu stellen, die „Reset-Taste“ zu drücken, noch einmal ganz neu anzufangen – das wird uns an Weihnachten zugesagt. Gott kommt in die Finsternis dieser Welt als Mensch, damit wir mit ihm einen Neuanfang wagen. Dieses neue Leben wird uns geschenkt, wir können es nicht machen, nicht erzwingen, aber wir dürfen es annehmen. Dieses göttliche Kind trägt vier wunderbare Namen, die entfalten, wozu es gekommen ist.

Wunderbarer Ratgeber: rät, in die Zukunft zu schauen

Das Christkind als wunderbarer Ratgeber sagt uns: Was passiert ist, kannst du nicht rückgängig machen. Es nützt nichts, mit dem eigenen Schicksal zu hadern und sich aufzureiben mit den unbeantwortbaren Fragen nach dem, was passiert wäre, wenn nicht… An Weihnachten ergeht der Rat, nach vorne zu schauen und die Zukunft in den Blick zu nehmen, die wir mit diesem Kind an der Seite gestalten können und für die wir Verantwortung tragen.

Starker Gott: gibt die Kraft zu einem Neubeginn

Das Christkind als starker Gott sagt uns zu, dass wir es mit ihm auch schaffen. In diesem Kind schenkt uns Gott die Kraft zu einem Neuanfang, wenn wir uns auf das besinnen, was wir sind und was wir können. Und wenn wir uns nicht in Gedanken bei dem aufhalten, was nicht geht, was wir nicht können, was wir uns verbaut haben und was uns unmöglich erscheint. Bei Gott ist nichts unmöglich! Das ist der Trost der Christnacht, mit ihm dürfen wir den Neuanfang wagen.

Vater in Ewigkeit: nimmt uns als neugeborene Kinder an

In dem Christkind wird Gott unser Vater in Ewigkeit. Aufgrund dieses Neubeginns von Gott her wird auch unsere Würde als Kinder Gottes erneuert. Denn der Mensch ist immer größer als seine Schuld und geht nie darin auf; er kann nie auf sein Versagen festgelegt werden; er ist als Mensch immer mehr. An Weihnachten sagt sich der ewige Vater nicht los von den Menschenkindern, auch wenn sie sich noch so sehr verstrickt haben in Schuld, sondern er nimmt uns an Weihnachten in Jesus Christus an als seine Kinder. Wir sind keine Waisenkinder, sondern Erben Gottes und Miterben Christi, die aus diesem Schatz im Himmel leben. Mit Christus werden wir neu geboren.

Fürst des Friedens: schenkt uns Versöhnung mit dem Leben

Das göttliche Kind als Fürst des Friedens lädt uns ein, mit uns selbst und dem eigenen Leben Frieden zu schließen. Das geht nicht auf Knopfdruck und kann nicht befohlen werden, sondern ist ein langer Prozess. Frieden heißt, dass ich mich annehmen kann, weil Gott mich annimmt. Frieden heißt, dass ich mir vergeben kann, weil er vergibt. In der Heiligen Nacht ergeht die Einladung, Frieden zu schließen mit der eigenen Familie und den enttäuschten Erwartungen und Ansprüchen. Frieden zu schließen mit den Menschen, denen ich weh getan habe oder die ich verletzt habe. Frieden zu schließen mit der Gesellschaft und den Umständen, in denen ich aufgewachsen bin und die mich geprägt haben. Frieden zu schließen durch Gerechtigkeit und durch Wiedergutmachung.

Die große Herrschaft und der Frieden sind ohne Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, es zu festigen und zu stützen durch Recht und Gerechtigkeit, von jetzt an bis in Ewigkeit

Dieses ewige Reich der göttlichen Gerechtigkeit, in dem man Vergebung erlangt und in dem sich ein neuer Lebensraum eröffnet, ist ohne Ende. Deshalb ist es auch nie zu spät, umzukehren. Der Herr gibt uns Zeit, uns immer neu zu ihm hinzukehren und er freut sich über jeden, der kommt – und sei es noch zur letzten Stunde wie der Schächer am Kreuz.

Der Eifer des Herrn der Heerscharen wird das vollbringen

Der liebevolle Eifer Gottes zu den Menschen hat das vollbracht, der nicht möchte, dass einer verloren geht. Wir schaffen das nicht, aber wir dürfen dieses Angebot annehmen voll Dankbarkeit und indem wir uns und unser Leben mit Gott versöhnen lassen.

Genau das wünsche ich Ihnen an diesem Weihnachtsfest: die Versöhnung mit dem eigenen Leben und mit den Mitmenschen und mit Gott, der unserer Schwachheit aufhilft und mit dem wir von der Finsternis ins Licht gehen dürfen.

Frohe Weihnachten Ihnen allen!