Damit liegt die Gesamtzahl der Katechumenen – also Menschen, die sich auf die Taufe vorbereiten – bei über 17.800. Innerhalb der letzten fünf Jahre hat sich die Zahl der 18- bis 25-jährigen Taufbewerber um 150 Prozent erhöht. Das erstaunt. Seit 1905 sind Kirche und Staat strikt getrennt. Der Staat rühmt sich seiner „Laicité“. Erstaunlich auch die Motive der Taufbewerber. Zwei Drittel gaben an, ohne Glaubensbezug aufgewachsen zu sein. Christliche Influencer, Freunde, persönliche spirituelle Erfahrungen, Teilnahme an der heiligen Messe, Unzufriedenheit bei muslimischen Jugendlichen mit ihrer Religion. Im Originalton der französische Presse lesen sich die Motive wie aus der Frühzeit des Christentums geschöpft, so im „Le Figaro“:„Die Neugetauften sprechen von einem Durst, den der Zeitgeist nicht stillen kann: Wohlstand nährt den Körper, Technik erleichtert den Alltag und zerstreut - aber die Seele? Sie verspüren nachhaltig die Defizite unserer Zeit. Alle glauben an die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Er begleitet und erfüllt ihr Leben. Sie stellen sie gegen den Strom der Zeit und erfahren Unverständnis, ja Feindschaft in den Familien. Ihr erfrischendes Ankommen ist für die französischen Katholiken Überraschung und Herausforderung.“ Als Beispiele für den Anfangskontakt ist zu lesen: „Auf einer Party gab mir einer die Bibel mit den Worten: „Finger weg!“ Ich habe die Bibel gelesen und war zutiefst berührt.“ (Isabelle) „Ich fühlte mich einsam, unwohl in meinem Leben: Da flüchtete ich mich in Kirchen. Dort fand ich Ruhe.“ (Elise) „Ich finde kein Wort dafür, was ich jetzt in mir erlebe: Frieden. Im Islam muss man in die Moschee gehen, einen Satz aussprechen, das ist schon alles. Ein katholischer Priester hat mich begleitet. Dies brachte mir inneren Frieden.“ (Kenza, eine von 400 muslimischen Taufbewerbern) „Ich las die Schriften des heiligen Augustinus, Chrysostomus, Thomas. Dieses Glaubensgebäude erschien schlüssig, alles andere hatte seine Schwachstellen.“ (Adrien). Offenkundig weht Gottes Geist auch bei uns, wo er will und wie er will. „Wir können es nur ahnen. Er greift nach unseren Herzen und bricht sich neue Bahnen“, heißt es in einem Lied. „Wachstum im Glauben“ wird 2026 das Jahresthema in der französischen Kirche sein.
Peter Spielmann