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Im Gespräch

„Seht her, so sollte ein Christ sein!“

Autor Burkard Vogt über die Hintergründe des Singspiels über den heiligen Martin – Aufführung zum 50. Jubiläum des Martinushauses Aschaffenburg

Aschaffenburg (POW) Bei Sankt Martin denken die meisten an das Teilen des Mantels mit dem Bettler. Warum der Heilige deutlich vielschichtiger ist und wie er das in seinem Singspiel verarbeitet, erzählt Gemeindereferent Burkard Vogt im folgenden Interview.

POW: Sie haben zusammen mit Andreas Unterguggenberger 2015 ein Musikspiel über den heiligen Martin verfasst, das dieses Jahr in einer Neufassung wieder aufgeführt wird. Welchen Hintergrund spielt dabei das 50. Jubiläum des Aschaffenburger Martinushauses?

Burkard Vogt: Die erste Aufführung 2015 stand im Zeichen des 1700. Geburtstages des heiligen Martin. Damals wurde das Stück als Lesung mit Musik aufgeführt. Dieses Jahr feiert das Martinushaus sein 50. Jubiläum. Als die Entscheidung fiel, für die Veranstaltungen rund um das Ereignis den Namensgeber des Hauses in den Mittelpunkt zu stellen, lag die Idee nahe, das Stück noch einmal aufzuführen. Schließlich informiert es auf unterhaltsame Weise über das Leben des Heiligen und geht dabei weit über das allgemein Bekannte hinaus. Doch es wird diesmal einiges anders inszeniert. Statt einer Lesung erwartet die Zuschauer ein Schauspiel. Zwei der von Unterguggenberger geschriebenen Lieder werden so wieder aufgeführt, der Rest ist neu im Stil des Neuen Geistlichen Liedes vertont. Statt eines Orchesters werden Schauspieler und Chor von einer Band begleitet.

POW: Inwiefern sind Sie der Meinung, dass die Legende des Heiligen oft zu kurz gefasst erzählt wird?

Vogt: Fast jeder kennt die Geschichte von der Mantelteilung und den Brauch der Martinszüge. Das ist natürlich wichtig. Doch wenn man sich mit der Legende befasst, die vom römischen Schriftsteller Sulpicius Severus noch vor dem Tod des heiligen Martin im Jahr 397 nach Christus verfasst wurde, dann fallen einem noch viele andere Aspekte ins Auge. Da wird ein Mensch gezeigt, der sehr konsequent nach dem Evangelium leben will, dem Kontemplation ein wichtiges Anliegen ist, der den einfachen Menschen sehr nahe ist, während die Herrschenden und Kollegen im Bischofsamt seiner Zeit ihn durchaus mit Skepsis betrachteten. Severus hat in seinem Buch natürlich keine neutrale Geschichtsschreibung betrieben. Er wollte sagen: Seht her, so sollte ein Christ sein!

POW: Welchen Aspekt halten Sie für die gegenwärtige Gesellschaft und Situation der Kirche für besonders aktuell?

Vogt: Da sind zum Beispiel die Diskussionen im Rahmen des Synodalen Weges, bei dem es auch um die Frage der Mitbestimmung des Kirchenvolkes bei einer Bischofswahl geht. Mit Martin haben wir das Beispiel eines Bischofs, den laut Severus das Volk gegen den Willen der anderen Bischöfe durchgesetzt hat. Was ihn bei den Menschen beliebt gemacht hat, war seine Einfachheit, sein tatkräftiger Einsatz für die Armen und sein Verzicht auf persönliche Annehmlichkeiten und die Ausübung von Macht. Mir scheint, dass die Kirche von heute da, wo sie so lebt, auch bei den Menschen punkten kann. Die aktuellen Krisen rufen geradezu danach, hier Zeichen zu setzen. Umgekehrt spüren wir in der Kirche deutlich, wie Machtmissbrauch gegenüber den uns Anvertrauten zu Vertrauensverlust führt. Überhaupt war Martinus wohl kein Freund kirchlicher Strukturen. Er empfand die Übernahme des Bischofsamtes als Minderung seines Charismas. Ihm waren der Kontakt zu Gott und die Sorge für die Menschen wichtiger als die Einhaltung von Regelungen und Vorschriften. 

Außerdem lebte die Kirche zu Martins Zeiten in einer Umbruchsituation, so wie die Kirche von heute auch. Allerdings waren die Verhältnisse anders: Die Kirche war damals auf dem aufsteigenden Ast, wurde von einer verfolgten Sekte zur Staatsreligion. Martin warnte davor, sich zu sehr auf die weltlichen Machthaber einzulassen. Ich bewundere seinen Mut, mit dem er damals beispielsweise Kaiser Maximus aufsuchte, um zu verhindern, dass ein Bischofskollege wegen theologischer Meinungsverschiedenheiten hingerichtet wird. Heute erleben wir gerade in Russland, wie eine christliche Kirche nicht den Mut aufbringt, den Herrscher für sein gewaltvolles Handeln zu kritisieren, wohl auch aus Angst, Privilegien zu verlieren.

POW: Was erwartet die Besucher des Musikspiels?

Vogt: Unser Stück ist der Versuch, einige dieser Spuren aufzuspüren, die der heilige Martin hinterlassen hat. Dazu haben wir, wie ich finde, eine durchaus unterhaltsame Geschichte entwickelt, die auf der Biographie des Severus und weiteren geschichtlichen Erkenntnissen aus dieser Zeit basiert. Und es gibt einige sehr schöne Melodien, die sicher nachklingen werden. Wir bleiben zwar grundsätzlich auf der historischen Ebene, versuchen aber mit den Liedern und einer Videoeinspielung den Bogen ins Heute zu schlagen. Das Stück soll die Zuschauer mit der Frage konfrontieren: Was würde dieser Welt fehlen, wenn die Christen fehlen?

Stichwort: Martinus-Musikspiel

Das Stück „Spuren – ein Martinus-Musikspiel“ wird am Samstag, 5. November, um 19.30 Uhr, und Sonntag, 6. November, um 17 Uhr in der Aschaffenburger Sankt-Agatha-Kirche aufgeführt. Die Texte stammen von Gemeindereferent Burkard Vogt, die Musik ist von ihm und zum Teil vom ehemaligen Stiftskantor Andreas Unterguggenberger komponiert. In den Hauptrollen spielen Rebecca Wißmann, Elias Lang und Christopher Hauck. Der Mainaschaffer Chor „Mosaik“ unter der Leitung von Christiane Mauder begleitet das Stück musikalisch im Stil des Neuen Geistlichen Liedes. Die Begleitband besteht aus Wolfram Endemann am Saxophon, Karl-Heinz Koch am Klavier, Peter Lutz am Bass, Thomas Lorenz an der Gitarre und Jens Sauerwein am Schlagzeug. Die Gesamtleitung hat Burkard Vogt.

Der Eintritt kostet pro Person zwölf Euro, ermäßigt neun Euro. Kartenvorbestellungen beim Martinushaus, Treibgasse 26, 63739 Aschaffenburg, Telefon 06021/392100, Mail info@martinushaus.de.

Interview: Markus Hauck (POW)

(4322/1206; E-Mail voraus)

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