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Plädoyer für mehr Hauskirche

Moraltheologe Professor Dr. Michael Rosenberger gibt Anregungen, was die Kirche aus der aktuellen Krise lernen könnte

Würzburg/Linz (POW) Für eine Stärkung der Hauskirche als eine Konsequenz aus der Coronakrise spricht sich Professor Dr. Michael Rosenberger, Inhaber des Lehrstuhls für Moraltheologie an der KTU Linz und Priester des Bistums Würzburg, in einem Impuls für das Internetportal www.wallfahrtsservice.de aus. Außerdem wirbt er für eine geänderte Prioritätensetzung im kirchlichen Alltag.

„In der Krise spielte sich das religiöse Leben praktisch komplett in den eigenen vier Wänden ab. Oder es spielte sich gar nicht ab.“ Er sei berührt von den vielen Erzählungen von Menschen, die „mit einem Mal selbst Verantwortung für das religiöse Programm übernommen haben. Das ist ein riesiger Schub an religiöser Mündigkeit, der sich da in wenigen Wochen ereignet hat. Und er ist gut.“ Rosenberger erhofft sich, dass die Hauptamtlichen in der Seelsorge in den kommenden Jahren die Menschen für hauskirchliches Leben sensibilisieren, ermächtigen und ertüchtigen. „Dazu gehört die Bewusstseinsbildung ebenso wie ein weitaus besseres Angebot an Material im Internet.“ Er sei erschrocken, dass es für die Bitttage keine guten Modelle im Internet gebe. „Wir sollten uns also alle gemeinsam Gedanken machen, wie wir eine Kultur der Hauskirche neu entwickeln können“, schreibt Rosenberger.

Zudem ermuntert der Theologe dazu, Hauskirche weit zu denken. Da nicht jeder in einer Familie lebe und nicht jede Familie aus eigenen Stücken in der Lage sei, Hauskirche zu werden, sei das Pfingstfest eine Erinnerung daran, dass Kirche gerufen ist, hinauszugehen. Viele hätten das in der zurückliegenden Zeit mit großer Kreativität gelebt und auf dem Balkon oder im Garten Kirchenlieder gespielt oder gesungen. Andere hätten an der Ecke aneinandergrenzender Gärten Gottesdienst gefeiert oder sich an Ostern zu einem gemeinsamen Gebet in einer Videokonferenz getroffen. „Ganz selbstverständlich haben sie gespürt, dass der Glaube nach draußen drängt, nach Begegnung ruft. Diese Entdeckung müssen wir weiterentwickeln und verbreiten“, ermuntert Rosenberger.

Es gelte, die Kirchenmusik zu pflegen und zu stärken. Schon in normalen Zeiten sei diese eines der stärksten Pfunde kirchlichen Lebens. Dort gebe es zahlenmäßig das größte ehrenamtliche Engagement. Zudem lockten kirchenmusikalische Angebote mehr Menschen in die Kirche als „die feierlichsten Gottesdienste der Hochfeste“. Herzstück der Kirchenmusik sei und bleibe der Gesang aller. Der Satz „Wer singt, betet doppelt“ treffe es in Rosenbergers Augen genau.

Der Moraltheologe regt an, die Kirchengebäude gastlicher und anregender zu gestalten. „Kirchen sind offene Orte, gerade in Krisenzeiten, und so viele Menschen sind nie gleichzeitig darin, dass sie nicht die Abstandsregeln einhalten könnten.“ Viele hätten die Gotteshäuser besucht, um dort eine Kerze anzuzünden. „Mit diesem Ritual bieten wir etwas an, das die Kirche Tag für Tag zu einem Haus des Gebets macht.“ Rosenberger fragt in diesem Zusammenhang, welchen Eindruck die Kirchen jemandem vermitteln, der für ein paar Minuten des Nachdenkens hineinkommt. „Erweckt die Kirche den Eindruck, da habe sie jemand genau für ihn oder sie hergerichtet? Oder hat man den Eindruck, da sei seit Jahren nichts verändert worden?“

Auch Seelsorgegespräche sollen nach Rosenbergers Meinung wieder mehr in die Mitte des kirchlichen Angebots rücken. „Das braucht einerseits Erreichbarkeit rund um die Uhr (nicht einer einzelnen Person, wohl aber einer Person aus einem großen Team!) und andererseits das vielfältige Signal, dass wir zum Reden Zeit haben.“ Er selbst habe in den zurückliegenden zehn Wochen so viele Seelsorgegespräche geführt wie wahrscheinlich in 33 Priesterjahren noch nie. Zum Teil via Brief und E-Mail, über Telefon und Videochat sowie nach den ersten Öffnungen von Angesicht zu Angesicht „im vorgeschriebenen Abstand oder auf einem Spaziergang“.

Corona biete die Chance des Neubeginns auch für Glaubensgespräche in der Familie oder Gruppen. „Jede Pfarrei, jeder christliche Verein, aber auch mündige Christinnen und Christen sollten dafür Räume schaffen und Anregungen vermitteln, wo man vom Leben und den eigenen Erfahrungen zur Bibel und zum Glauben kommt, nicht umgekehrt; bottom up statt top down.“ Solche Gruppen habe es vor 30 Jahren viel mehr als heute gegeben. „Eingegangen sind sie nicht auf Grund eines Qualitätsverlusts, sondern aus Zeitmangel. Man könnte auch sagen: aufgrund geänderter Prioritätensetzung.“

mh (POW)

(2320/0597; E-Mail voraus)

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