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Nur wenige Meter weiter

Am Freitag waren sie in Deutschland wieder zu Tausenden im Einsatz - die Sternsinger. Jedes Jahr machen sich Kinder und Jugendliche in vielen kleinen Gruppen auf den Weg, egal ob es draußen frostig ist oder ob der Regen die Königskronen auf den Köpfen durchweicht. An den Haus- und Wohnungstüren singen sie ihr Segenslied und bitten um Spenden für Kinder in Not.

Wenn sie spät am Nachmittag in die Kirchenräume zurück kommen, dann sind sie meist müde und erschöpft. Doch es liegen auch interessante Begegnungen hinter ihnen:

Da war die alte Frau, die schon seit vielen Stunden erwartungsfroh wartet und die Sternsinger mit Süßigkeiten reich beschenkt. In einem anderen Haus trafen sie das junge Paar, das das Sternsinger-Lied gar nicht hören wollte, aber eine überraschend großzügige Spende gab. Sie erzählen kichernd von dem Mann im großen Wohnblock, der mittags um 13 Uhr halbnackt und mit Alkoholfahne die Tür geöffnet und verwirrt gleich wieder geschlossen hat. Und die erfahrenen Sternsinger wissen schon, an welcher Tür sie freundlich zu einem wärmenden Getränk herein gebeten und an welcher sie barsch abgewiesen werden.

So ist diese Sternsinger-Aktion neben ihrem eigentlichen Zweck auch ein „Training in Sozialkompetenz“. Denn viele Kinder und Jugendliche kommen an diesem Tag in Häuser, die sie sonst nicht kennen. Sie erfahren etwas von der Verschiedenheit der Menschen. Wie ihre großen Vorgänger, die Weisen aus dem Morgenland, werden die Sternsinger zu Grenzgängern, die in unbekanntes Terrain aufbrechen – nur mit dem Unterschied, dass ihr Ziel oft nur einige Straßenblöcke weiter liegt.

Immer wieder staune ich, wie die Zahl der Menschen zunimmt, die sich in ihrer allernächsten Umgebung gar nicht auskennen. Nicht nur Kinder und Jugendliche bewegen sich scheinbar immer mehr nur in ihren „eigenen Kreisen“. Den nächsten Nachbarn kennt man noch, aber wie sieht es ein paar Häuser weiter aus? Es ist paradox: Die Möglichkeiten zur Kommunikation werden in unserer Welt ständig größer, weite Entfernungen verlieren immer mehr an Bedeutung. Trotzdem schaffen es Menschen in allernächster räumlicher Nähe, sich erfolgreich aus dem Weg zu gehen.

Natürlich soll jeder und jede sein Recht auf Privatsphäre haben. Aber das Zusammenleben in unserer Gesellschaft wird menschlicher und sozialer, wenn wir uns an den Orten, wo wir leben, einander besser kennen lernen. So braucht es immer wieder „Grenzgänger“, die sich auf neue Menschen und neue Erfahrungen einlassen. Schauen wir deshalb dankbar auf die Sternsinger: Sie werden mit ihrem Segenswunsch zu Botschaftern unseres Gottes, der selbst Grenzen überwunden hat. Unter seinem Segen können auch wir Grenzen überschreiten – die nächste liegt vielleicht nur einige Meter entfernt.

Peter Michaeli, Pastoralreferent in Aschaffenburg