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Nur keine Angst

An Superlativen mangelt es derzeit nicht. Von der größten Herausforderung in der Nachkriegsgeschichte oder einer innenpolitischen Herkulesaufgabe ist die Rede. Und das „Wir schaffen das!“ der Kanzlerin? Es taugt mancherorts nur noch als Lachnummer im Karneval. Seit Monaten wird sprachlich aufgerüstet.

Die vielen Menschen, die aus den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt zu uns kommen, wurden erst zur Flüchtlingswelle, dann zum Strom, dann zu Massen und schließlich zur Lawine. Wer kann uns davor schützen? so tönt es mittlerweile, als kämen keine Menschen zu uns sondern Bakterien. Und nun also noch der Schießbefehl an der Grenze, prominent vertreten letztes Wochenende von einer Parteivorsitzenden. Nein, so sei das nicht gemeint gewesen, rudert sie jetzt zurück. Doch, behaupte ich, das war genau so gemeint gewesen und es zeigt die ganze Menschenverachtung, die manche Kreise in unserem Land mittlerweile ergriffen hat.
Wie müssen sich da eigentlich die vielen Ehrenamtlichen fühlen, die Woche für Woche Tausende von Stunden Freizeit opfern, um Syrern Deutsch beizubringen oder Afghanen unsere Kultur? Wie kommt das bei den engagierten Politikerinnen und Politikern an der Basis an, bei den Verwaltungen in Rathäusern und Landratsämtern, die viele Überstunden vor sich her schieben, um sich dann vorwerfen zu lassen, sie seien ja bloß überforderte Beamte?
Ich bin stolz auf unser Land und auf das, was es zu leisten fähig ist. Bei Überschwemmungen an der Oder ebenso wie bei einem Überraschungssieg im Handball. Bei der Eindämmung der Euro-Krise ebenso wie bei der Unterbringung so vieler Flüchtlinge. Und am meisten stolz bin ich auf unsere Verfassung, die sich in ihrem ersten, dem wichtigsten Artikel dazu bekennt, dass die oberste Aufgabe aller staatlichen Gewalt ist, die Würde des Menschen zu achten. In der Sprache der Bibel liest sich das so: „Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan!"
Nein, ich habe keine Angst davor, dass wir vor der Flüchtlingsfrage kapitulieren und hektisch Notmaßnahmen ergreifen müssen. Weil ich davon überzeugt bin, dass alle Verantwortlichen das Ihre tun, um diese Aufgabe menschenwürdig und für uns alle verkraftbar zu bewerkstelligen. Angst kann einem dagegen werden vor den Biedermännern in Anzügen oder Kostümen, die an die niederen Instinkte appellieren und genau dadurch unsere christliche Kultur Stück für Stück von innen aushöhlen.

Rudi Rupp,
evangelischer Dekan am bayerischen Untermain