Aschaffenburg (POW) Als Höhepunkt ihres Jubiläums war es gedacht und der Höhepunkt ist es geworden: Die Stiftschorknaben und -mädchen führten gemeinsam mit dem Kammerchor der Stiftsbasilika, ehemaligen Mitgliedern der Chorgemeinschaft und dem Stifts-Collegium am Sonntag, 24. September, in der Aschaffenburger Muttergottespfarrkirche „The Armed Man“ von Karl Jenkins auf. Damit krönten sie die Feierlichkeiten rund um 50 Jahre Stiftschorknaben und 40 Jahre Stiftschormädchen und setzten gemeinsam mit der Stiftskantorin Caroline Roth gleichzeitig ein Zeichen für die Sehnsucht nach Frieden in der Welt.
Jenkins hat das im Jahr 2000 uraufgeführte und insgesamt 13 Musikstücke umfassende Oratorium mit dem Untertitel „Eine Messe für den Frieden“ versehen, auch wenn es musikalisch zunächst auf den Krieg zuläuft. Vertont wurden neben Passagen aus der christlichen Messe und einem islamischen Aufruf zum Gebet auch Texte aus unterschiedlichen Jahrhunderten, vom Alten Testament über den Auszug aus einem indischen Epos bis hin zum Gedicht eines Überlebenden von Hiroshima. Schon das zeigt, dass Krieg kein Problem einer einzelnen Generation ist, sondern bedauerlicherweise zur Geschichte der Menschheit gehört und bis heute nicht überwunden ist.
Die Spannung, die sich im Laufe des Oratoriums immer weiter aufbaut, bis es in der Mitte mit dem Titel „Charge! – Angriff!“ zu einer Entladung kommt, wurde von den fast 100 Sängerinnen und Sängern und dem Stifts-Collegium-Orchester erstklassig umgesetzt. Jenkins Stück wirkte in der Muttergottespfarrkirche wie eine Inszenierung, die unweigerlich auf den Ausbruch eines Krieges zuläuft. Nicht zufällig erinnern manche Passagen an Filmmusik der besten Art, weil sie die Zuhörer emotional packten und am Geschehen teilhaben ließen. Mit kleinen Gesten wurde die Wirkung der Musik noch unterstrichen. So zogen die Stiftschorknaben und -mädchen im Gleichschritt stampfend in die Kirche ein, mündete das Lied zum Angriff in ein lautes Durcheinanderschreien, folgte dem Kampf eine Stille, die – wohl eher zufällig – vom Läuten einer Kirchenglocke durchbrochen wurde, drehte der Chor an einer Stelle dem Publikum den Rücken zu. Im zweiten Teil wurden zunächst die Opfer beklagt und mit dem Agnus die Sehnsucht nach Frieden formuliert. Der zieht dann mit dem Benediktus in die Musik ein. „Better is peace – Besser ist Frieden“ lautet der Titel des letzten Musikstücks, das eine neue Zeit und 1000 Jahre Frieden einläuten will – bislang leider ein frommer Wunsch.
Roth hat mit ihren Sängerinnen und Sängern und Musikern mit der Aufführung dieses Stückes nicht nur ein Glanzstück abgeliefert, sondern auch den Zeitgeist getroffen. Die eindrucksvolle Leistung wurde durch die mitreißenden Sopran-Soli von Katharina Burkhart und dem von der Kanzel vorgetragenen islamischen Gebetsruf von Bülent Keles noch unterstrichen. Entsprechend laut und lang anhaltend war der Applaus in der voll besetzten Muttergottespfarrkirche. Die Feierlichkeiten zum Jubiläumsjahr werden am Sonntag, 1. Oktober, mit einem Festgottesdienst in der Stiftsbasilika abgeschlossen.
Stichwort: Stiftschorknaben und -mädchen
Die Stiftschorknaben wurden 1973 vom Stiftskantor und späteren Kirchenmusikdirektor Dr. Walter Gleißner gegründet. Sie begannen als reiner Knabenchor, zehn Jahre später kam die Mädchenkantorei dazu. Inzwischen sind die beiden Chöre zusammengelegt und nennen sich Stiftschorknaben und -mädchen. 1996 übernahm Andreas Unterguggenberger das Amt des Stiftskantors und setzte in den kommenden Jahren stark auf den Ausbau der Kinder- und Jugendarbeit. Seit November 2017 leitet Caroline Roth als Stifts- und Stadtkantorin den Chor. Zum Konzept gehören neben der Gestaltung der Liturgie und Konzerte auch gemeinsame Unternehmungen und Feste und vor allem die Chorfahrten. Informationen zur Arbeit der Stiftschöre gibt es unter www.stiftsmusik.de.
bv (POW)
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