In Dostojewskis Roman fragt der junge Hippolyt den Fürsten Mychkin: „Ist es wahr, Fürst, dass Ihr einmal sagtet, dass die Welt durch die Schönheit gerettet werde? Meine Herren – rief Hippolyt laut allen zu – der Fürst behauptet, dass die Welt durch Schönheit gerettet werde! (...) Aber welche Schönheit wird die Welt retten? Der Fürst schaute ihn aufmerksam an und erwiderte nichts."
Mychkin gibt keine konkrete Antwort, aber er weiß, dass Schönheit die Welt retten wird. Die Kosmetikindustrie und Schönheitschirurgen wissen es auch und verdienen nicht wenig mit ihren Versprechungen, dass ihre Schönheitsprodukte und Operationen einen mehr oder weniger heilen körperlichen Kosmos wiederzustellen vermögen.
Schönheit, wie sie die Bibel versteht, meint mehr als materielle Schönheit. Ein Mensch ist schön, weil er liebt. Gott ist schön, weil er liebt. Aus Liebe und mit Hingabe hat er die Schöpfung und den Menschen als schön geschaffen. Schön ist in der Bibel also der Mensch, der zu lieben vermag, selbst wenn er den ästhetischen Maßstäben der Welt nicht entspricht. Und schön ist der Mensch, der von Gott geliebt wird, ein Blinder, ein Lahmer oder ein Aussätziger, eine Dirne. Martin Luther bringt es auf den Punkt: „Die Sünder sind schön, weil sie geliebt werden." Für Dostojewski, so Leonardo Boff, bestand das Gegenteil von Schönheit „in der Haltung, andere Menschen zu benutzen und ihrer Würde zu berauben."
Hans Juncker als „Nachschöpfer" hat Menschen dargestellt, die lieben und von Gott geliebt werden – Jesus Christus, einen heiligen Martin wie einen Fürstbischof Johannes Schweikart von Kronberg. Einem religiösen Menschen geht es also über die Darstellung des Guten, Wahren und Schönen aus der Hand des Künstlers hinaus um die innere Schönheit und das inneres Licht, das in den Kunstwerken geborgen ist und einen Dialog mit Gott und dem Künstler auslöst: Warum die Fülle der Engel bei Juncker? Warum reiht Juncker gerade die drei Gestalten des Magdalenenaltars Johannes der Täufer, Maria aus Magdala und Margarethe aneinander? Wie verbindet Juncker das Kreuz mit dem archetypischen Symbol des Lebensbaumes? Wie verknüpft er Altes und Neues Testament? Was verbindet die beiden Johannesgestalten? Und ähnliche Fragen.
Antworten auf solche und viele weitere Fragen retten vor Materialismus und Virtualität.
Peter Spielmann, Pastoraler Mitarbeiter in Obernau