Überall in Deutschland müssen Einrichtungen geschlossen werden. Im Mai dieses Jahres sollen auch die niederrheinische und die bayerische Provinz zu einer gesamtdeutschen Provinz zusammen gelegt werden.
In den letzten Wochen des Abschieds werden die Brüder von den Besuchern ihrer Kirche oft angesprochen. Viele bedauern den Weggang der beliebten Ordensleute, manche stellen auch die Frage nach einer neuen, geistigen Heimat. Das Kloster wurde wegen seines regelmäßigen Gottesdienst- und Beichtangebotes gerne aufgesucht. Die täglichen Messfeiern in der St. Elisabeth-Kirche fanden auch bei vielen Menschen aus dem Landkreis anklang, die zum Arbeiten in die Stadt fahren. Für viele ist die Klosterkirche auch zugleich die Beichtkirche. Während dieses sakramentale Angebot in den Pfarreien stark rückläufig ist, herrschte bei den Kapuzinern immer noch eine große Nachfrage. Vielleicht auch deshalb, weil man dort ganz unkompliziert nur auf eine Klingel drücken musste, um ein Gespräch zu führen.
Darüber hinaus hatten die Kapuziner nach dem zweiten Weltkrieg auch die Gefängnisseelsorge in Aschaffenburg übernommen und waren lange Zeit in der Krankenhausseelsorge tätig. Dazu kamen Aushilfstätigkeiten, wenn in den Pfarreien „Not am Mann“ war. Bekannt war das Kloster bei sozial Schwachen für seine schnelle und unkomplizierte Hilfe. „An die Pforte kamen viele Menschen, die in Not waren“, so Häfele. Eine ausgesprochene Armenspeisung konnte zwar in den letzten Jahren aus Personalgründen nicht mehr geleistet werden, aber für besondere Notlagen, in denen man anderswo nicht mehr auf Hilfe hoffen konnte, hatten die Kapuziner ein offenes Ohr und eine offene Hand.
Auch der Aschaffenburger Dekan Stefan B. Eirich bedauert den Wegzug der Kapuziner aus der Stadt. Nach seiner Auskunft läge noch völlig im Dunkeln, wie es mit der vom Orden geleisteten Seelsorge weiter gehen soll. „Ich bedauere, dass durch die sehr kurzfristige Entscheidung das Stadtdekanat keine Chance hatte, sich in Ruhe auf den Abschied des Konvents einzustellen“, so Eirich. So sei zum Beispiel drei Wochen vor dem Abschiedstermin noch nicht geklärt, wie die wegfallenden Gottesdienste aufgefangen werden können. Auch die dort beheimateten Gebetskreise und geistliche Gruppen würden, was ihre Zukunft betrifft, noch völlig in der Luft hängen.
Eine mittelfristige Perspektive kann der scheidende Guardian andeuten. Das Klostergebäude soll nach seiner Renovierung von der italienischen Gemeinschaft „Fraternitá Francescana di Betania“ betreut werden. Die vom franziskanischen Geist geprägten Ordensleute wollen neben einem Meditationszentrum auch Teile der früher von den Kapuzinern geleisteten Seelsorge übernehmen. Außerdem sind sie bereits jetzt für die Italiener-Seelsorge in der Diözese zuständig und werden wohl auch in die Aschaffenburger Gefängnisseelsorge einsteigen.
Eine zeitliche Perspektive für die Renovierungsarbeiten konnte Pater Christian Häfele nicht nennen. Der Zustand des Gebäudes sei sehr marode. Deswegen soll zunächst der Südteil des Komplexes in Angriff genommen werden, um damit einen Teileinzug der neuen Gemeinschaft schon in absehbarer Zeit zu ermöglichen.
Für die Kapuziner ist jetzt einpacken angesagt. Immer wieder muss entschieden werden, was entsorgt und was in andere Klöster verbracht wird. Der Bibliothek, die im Kloster drei Räume unter dem Dach einnahm, haben sich Fachleute angenommen. Wertvolle Bücher gehen an die Bibliothek der Kapuziner-Hochschule in Münster.
Die Brüder und Patres werden auf andere Kapuzinerklöster verteilt. So kommt der 80jährige Bruder Raffael Oberle beispielsweise nach Altötting und freut sich schon darauf, dort in der Klosterküche mitzuhelfen. Pater Franz de Paula Siegmund wird aufs Würzburger Käppele versetzt und der bisherige Guardian Pater Christan Häfele ins Noviziatskloster nach Salzburg. Einzig Pater Matthias Doll bleibt in der Gegend. Er soll weiterhin die Pfarrei Hösbach - Bahnhof als Seelsorger betreuen und wird dazu dem Kloster in Dieburg zugeordnet.
Die offizielle Verabschiedung der Aschaffenburger Kapuziner findet am Sonntag, den 18. April um 16 Uhr mit einem Gottesdienst in der Kapuzinerkirche St. Elisabeth statt. Dabei sein wird der Provinzial Pater Josef Mittermaier aus München und Bischof Friedhelm Hofmann aus Würzburg.
Zur Geschichte des Kapuzinerordens in Aschaffenburg:
1528 wurden die Kapuziner als Reformgruppe der Franziskaner in Italien gegründet . Sie breiteten sich dort sehr schnell aus und kamen dann um 1600 über die Alpen nach Deutschland. Der Mainzer Kurfürst Johannes Schweikard rief den Orden bereits während des Baus des Schloss Johannisburg 1622 nach Aschaffenburg, 1629 wurde dann das Kloster geweiht
Den Patres und Brüdern kam in der Nachreformationszeit die Aufgabe zu, den Menschen den katholischen Glauben nahe zu bringen. Die Kapuziner übernahmen in Stadt und Land oft den Predigtdienst, unter anderem auch in der Stiftsbasilika. Durch ein Feuer wurden die Klostergebäude im Jahr 1813 vollkommen zerstört. Der Wiederaufbau ging nur zögernd voran, erst 1847 konnte die neuerrichtete Kirche konsekriert werden.
In den kommenden Jahren stieg die Bevölkerungszahl in Aschaffenburg stark an. War das Kloster zunächst, wie bei den Kapuzinern üblich, am Rande der Stadt gelegen, rückte es nun an die Stadtmitte heran. Die steigenden Bevölkerungszahlen macht einen Umbau der zu klein gewordenen Klosterkirche St. Elisabeth notwendig. Im September 1909 wurde die neuerrichtete Kirche konsekriert.
Im zweiten Weltkrieg wurden das Kloster und seine Kirche dann wieder teilweise zerstört. Die Erneuerung dauerte bis 1974. Zuletzt wurde die Kirche im Jahr 2006 renoviert. Dabei ist unter anderem die Marienkapelle neu gestaltet worden, die jetzt eine farbenprächtige Verbildlichung des Sonnengesangs von Franziskus ziert.
Historisch nicht gesichert ist die Geschichte des Kapuzinerpater Bernhard. Er soll im 30jährigen Krieg die Zerstörung Aschaffenburgs durch die Truppen des Schwedenkönigs Gustav Adolf verhindert haben, in dem er dem König entgegen ging und ihm die Schlüssel der Stadt überreichte. 1931 wurde diesem Pater auf Grund der Überlieferung ein Denkmal in der Stadt gesetzt.