Wenn meine Lebensjahre so vor mir liegen? Wie die Ringe eines Baumes? Wo waren magere Jahre? Wo es mir schlecht ging, wo ich Mangel litt, wo ich seelische Wunden davontrug? Welche waren die satten Jahre? Erlebnisse, von denen ich zehre, Erinnerungen, aus denen ich lebe. Dinge, die mich stärker gemacht haben und mich wachsen ließen. Keinen meiner Jahresringe kann ich verändern. Sie gehören zu mir, sie erzählen meine Geschichte und machen mich unverwechselbar.
Wie gut ein Baum wächst, hängt auch von seinem Standort ab. Ein gutes Klima, ein feuchter Boden lassen ihn wachsen und zu viel Trockenheit schadet ihm.
In den Psalmen lesen wir über einen Menschen, der sich auf Gott verlässt und mit ihm seinen Weg geht: „Er gleicht einem Baum, der am Wasser gepflanzt ist. Früchte trägt er zu seiner Zeit, und seine Blätter welken nicht. Alles, was er tut, gelingt ihm gut.“ (Psalm 1,3)
Ein Baum wächst gut, wenn er in der Nähe des Wassers verortet ist. Am Bach oder an der Quelle. Mit Wurzeln tief in der Erde, die ihn gerade halten und auch bei Wind nicht wanken lassen.
Ein Mensch, der seinen Weg mit Gott geht, hat einen guten Standort im Leben. So ein Mensch ist verwurzelt und hält stand, so ein Mensch hat Nahrung und kann gut leben. Ein guter Baum bringt auch eine gute Frucht. Wenn Menschen mit Gott auf dem Weg sind, dann haben sie diesen guten Standort.
Ich bin eingeladen, die Ringe meines Lebens zu betrachten. Und sehe: Da war Gott da. Da hat er mir geholfen. In einer Zeit, in der vieles gelang und grünte und blühte. Aber auch in einer Zeit, als ich fast am Austrocknen war und er mein einziger Halt. Dabei merke ich auch: Wir wachsen und entwickeln uns ja noch immer weiter. Wir haben eine Zukunft vor uns, die wieder viele Überraschungen für uns bereithalten wird. Unsere Wurzeln reichen tief in die Erde und halten und nähren uns. Gott hat einen Standort für uns bereit und will, das wir gedeihen.
Bettina Lezuo, evangelische Pfarrerin in Goldbach