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Kreuzwort am 30. Mai 2020

Gottesbesuch

In diesem Jahr, wo jeder Lebensrhythmus durcheinander gekommen ist, fällt es vielleicht gar nicht so auf, dass das Pfingstfest jedes Jahr einen zusätzlichen Feiertag beschert. Aber auch ohne Corona kommt wohl kaum eine Pfingststimmung auf. Es gibt kein Brauchtum, keinen besonderen Schmuck, keine speziellen Lieder, keine Geschenke, kein Festessen zum Ende einer Fastenzeit. Und der Inhalt und die Bedeutung des Festes bleiben auch im Ungewissen und Ungenauen. Schon das Wort Pfingsten klingt rätselhaft. Das griechische Wort Pentikostí wurde im Deutschen zu Pfingsten und heißt übersetzt einfach nur 50.

Gerne werden die 50er Feste von Geburtstagen und Hochzeiten als halbes Hundert und wichtige Etappe gefeiert, möglicherweise, weil nur wenige die 100 erreichen. In der Bibel aber werden die 50 Tage als ein Symbol für Fülle und Unendlichkeit gesehen: 7 mal 7 Wochentage und ein Tag sind die potenzierte Fülle, mit dem das Maß irdischer Vollkommenheit noch einmal zur Ewigkeit hin überschritten wird.

Die Ikone, die an Pfingsten in der orthodoxen Kirche aufgestellt wird, scheint gar nichts mit Pfingsten zu tun haben. Sie stellt den Besuch der drei Männer bei Abraham dar. Dieser alttestamentliche Text fällt durch eine gewissermaßen unlogische Grammatik auf, denn in ihm gehen Einzahl und Mehrzahl ständig durcheinander, als könne Abraham nicht bis drei zählen. Schon in den Katakomben Roms wurde diese Szene als Symbol der Göttlichen Dreiheit an die Wand gemalt. Und bis heute wird diese Episode als Bild eines göttlichen Gespräches verstanden: Der Sohn bittet seinen Vater, den Geist zu senden. Der Eine Gott wird im Dialog, in der Bewegung, im Handeln erkannt. So hält das Christentum streng am Monotheismus fest, dem Einen Gott in drei Personen. Gott ist in seinem menschgewordenen Sohn zu den Menschen gekommen, und ist auch im Heiligen Geist den Menschen nahe, er besucht, belebt und erfüllt sie. Deshalb ist Pfingsten im orthodoxen Kalender ein Dreifaltigkeitsfest.

Dieses lebendige Gottesbild macht die Beziehung sichtbar, die Gott mit den Menschen haben will und hat. Gott will den Menschen besuchen und ihm nahe sein, indem der Vater seinen Sohn Mensch werden lässt und den Menschen mit seinem Geist beschenkt. In dieser Begegnung geschieht Entscheidendes: Das Abbild wird dem Urbild ähnlich. Oder mit den Worten eines Kirchenvaters des 4. Jahrhunderts gesagt: Der Sinn des Lebens ist, mit dem Heiligen Geist erfüllt zu werden. Nichts anderes bedeutet Gottebenbildlichkeit.

Erzpriester Martinos Petzolt
Griechisch-orthodoxer Pfarrer von Unterfranken