Was also ist dran an diesem Dank an Gott, der uns so leicht und manchmal sicher auch unreflektiert von den Lippen geht? Sicher unterstreicht er die Situationen, in denen unsere manchmal ach so große Selbstsicherheit durchlässig wird für die Erkenntnis, dass wir doch nicht alles in der Hand haben. Er macht deutlich, dass da tief in uns das Wissen steckt, dass vieles im Leben Geschenk ist. Und er unterscheidet sich vom auch weit verbreiteten Ausdruck „Glück gehabt“, weil er ein Gegenüber für die Dankbarkeit kennt. Gott wird so greifbarer, wird erkennbar an den guten Früchten, die uns im Leben geschenkt manchmal völlig überraschend werden.
Das heißt aber nicht, dass ich Gottes Namen mit diesem Ausruf für selbstsüchtige Zwecke missbrauchen darf. Wenn Osama Bin Laden vor zehn Jahren die Nachricht vom Erfolg der Terroraktion gegen die Amerikaner auch mit einem „Gott sei Dank“ kommentiert hat, wirft er damit die Frage auf, welche guten Früchte Gottes er denn in Gewalt, Terror und dessen furchtbaren Folgen erkennen kann? Und warum ein Modegeschäft in München unter eben diesem Slogan Trachtenmode anbietet, erschließt sich nur denen, die zwischen dem Allmächtigen und dem Geschäft mit traditioneller bayerischer Kleidung eine direkte Beziehung herstellen können.
In vielen Kirchen sind jetzt die Ernte-Dank-Altäre geschmückt. Warum sollten wir nicht beim Betrachten der Schönheit und des Reichtums dieser Gaben in Gedanken auch all die guten Früchte dazu legen, für die wir in unserem Leben heute dankbar sein können. Der römische Kaiser und Philosoph Marc Aurel hat einmal gesagt: „Auf die Dauer der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an“. Aus dem Reflex könnte also eine Lebenshaltung werden, denn wer das „Danke“ des öfteren denkt, wird mit der Zeit zu einem Menschen, der von der Dankbarkeit beseelt ist. Solche Menschen sind mir sympathischer als die, die alles selbstverständlich nehmen.
Ich fange mit dieser geistlichen Übung gleich mal bei mir selber an, in dem ich am Ende dieses Kreuzwortes feststelle: „Für diesmal ist es wieder geschafft. Gott sei Dank!“
Burkard Vogt, Gemeindereferent