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Gott ist ein Liebhaber der Freiheit

„Psalmen sind Lieder, sind Poesie, sind keine Predigt. Sie können uns helfen zu sagen, wie es uns geht“. Mit diesen Worten tastete sich Odilio Lechner, Benediktiner und ehemaliger Abt des Klosters Andechs, an den Psalm 94 heran. Ein Vers dieses Psalms war die Überschrift über das vierte Abendlob im Rahmen des Stationenweges, ...

... zu dem die evangelische und die katholische Kirche Aschaffenburgs in diesem Jahr gemeinsam einladen.

Die Idee der Stationskirchen stammt aus einer Zeit, in der die beiden Konfessionen noch nicht getrennt waren. In der Spätantike war es in Rom Brauch, dass der Klerus und die Christen der Stadt in der Fastenzeit täglich eine andere Kirche aufsuchten, um dort gemeinsam zu beten. Initiiert von der Erwachsenenbildungseinrichtung Martinushaus versuchen das die Christen in Aschaffenburg in diesem Jahr in kleiner Form auch. Einmal in der Woche versammeln sie sich zum Abendlob, roter Faden sind dabei Worte aus dem Buch der Psalmen.

Der Psalm 94 stellt Gott als den Richter der Welt in den Mittelpunkt. Für Lechner bringt der Komponist dieses Liedes einen Urwunsch der Menschen zum Ausdruck: die Sehnsucht nach Gerechtigkeit. Der Betende fleht den Herrn der Welt an, etwas zu unternehmen angesichts des Unheils, dass in der Welt durch Menschen angerichtet wird. „Sie morden die Fremden“ heißt es an einer Stelle in dem Text und den Zuhörern in der Herz-Jesu-Kirche drängte sich unwillkürlich das Geschehen des Vortages auf, an dem ein Amokläufer 16 Menschen getötet hatte. Das Gott nicht unmittelbar in Katastrophen eingreift, sei für den Menschen schwer zu verstehen, so Lechner in seiner Ansprache. „Gott ist eben ein Liebhaber der Freiheit und da er unser freies Ja hören will, lässt darum auch immer wieder das Nein zu“, nannte er als einen Zugangsweg zu dieser scheinbaren Untätigkeit Gottes. Wir Christen sollten dabei auch nie vergessen, dass Gott uns die Geschichte der Menschheit anvertraut hat, so Lechner weiter. Damit hätte wir auch das Recht und die Pflicht, uns für eine bessere Welt einzusetzen, auch wenn uns dabei klar sein muss, dass es Gerechtigkeit im umfassenden Sinne erst bei der Wiederkunft des Herrn gibt. Richten sei dann im Sinne der Barmherzigkeit Gottes als „aufrichten“ zu verstehen. „Wir können darauf warten, dass der Herr das aufrichten wird, was danieder liegt“, formulierte Lechner als christliche Hoffnung. Doch den Antwortversuchen stellte der Prediger immer wieder die vielen Fragezeichen gegenüber, die sich beim Blick auf Ungerechtigkeit und Leid ergeben. „Letztlich stehen wir immer wieder vor Gott und können nur sagen: wir vertrauen auf dich.“

Bei dieser Stationskirche blieb es nicht bei den Worten der Predigt. Die Organistin Ariane Metz intonierte nach der Ansprache die Sonate „Der Psalm 94“, eine Sonate des junge verstorbenen Komponisten Julius Reupke an der Vleugels-Orgel der Herz-Jesu-Kirche. Die eindrucksvolle Musik nahm die Zuhörer hinein in das Wehklagen über die Ungerechtigkeit in der Welt. Und wie im Psalm gewinnt auch in der Musik letztlich das Vertrauen auf den Gott, der laut Psalm 94 den Menschen Burg und Zuflucht ist.

Noch drei Mal laden die Stationskirchen die Christen in Aschaffenburg ein, sich zu versammeln: am 19. März in St. Josef zum Thema „Lehre mich, Herr, deine Wege“, am 26. März in der Sandkirche zum thema „Wie Träumende sind wir“ und am 2. April in der Christuskirche zum Thema „Von Geburt an bist du mein Gott“. Die Gottesdienste beginnen jeweils um 19 Uhr.