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Gott hat uns Verstand geschenkt

Auf Sonntagsreden werden sie gerne beschworen: Die christlichen Werte, auf denen unsere Gesellschaft ruht. Doch unter der Woche wird es schwer. Denn Solidarität und religiöse Freiheit haben es derzeit schwer auf dem Meinungsmarkt. Wer „Lügenpresse" schreit, weil einem eine Nachricht nicht ins Weltbild passt, wenn Angela Merkel als „Kanzler-Diktatorin" verhöhnt wird und der Justizminister sich mit massiven Morddrohungen konfrontiert sieht: Dann stimmt etwas nicht im Land.

Denn die Grenze des Erlaubten wird immer weiter hinausgeschoben. Zuerst mokiert man sich über die Hautfarbe eines deutschen Nationalspielers, rudert dann zurück und will in eine Falle gelockt worden sein. Doch flugs attackiert eine Parteikollegin die Pilgerfahrt eines anderen Nationalspielers, denn der Islam an sich sei ja verfassungswidrig. Nimmt man ein solches Generalurteil einfach so hin, weil der türkische Staatspräsident momentan verbal Amok läuft? Mit seinem verklausulierten Ehrenmord-Aufruf jedenfalls hat er seiner Religion einen Bärendienst erwiesen. Religion taugt eben leider auch dazu, sich selbst mit seinen ganz profanen Machtgelüsten zu profilieren.
Mein Standpunkt lautet: Lassen wir uns nicht für dumm verkaufen, sondern benutzen wir unseren Verstand, den uns Gott geschenkt hat! Bevor Sie also im abendlichen Wohnzimmersessel geneigt sind, den Rattenfängern vom rechten Rand auf den Leim zu gehen, schalten Sie lieber ab und lesen selbst nach, was unsere abendländische Kultur zu großen Teilen geprägt hat. Die Bibel, vor allem das Neue Testament. Für die Zeit einer Talkshow haben sie die Bergpredigt von Jesus (Matthäus 5-7) gelesen, und wenn Sie auf den folgenden Krimi mit seinen drei Leichen verzichten, gibt's dazu noch die Gleichnisse bis zur Passionsgeschichte. Da begegnen sie auf Schritt und Tritt dem Mann aus Nazareth, der den Armen das Reich Gottes zuspricht und den Drangsalierten Befreiung. Und der den Meinungsbildnern von der pharisäischen Front samt ihrer völkischen Selbstgerechtigkeit die Maske vom Gesicht zieht.
Und wenn Sie vorm Schlafengehen noch Zeit für ein Bonmot haben, schlagen Sie bitte das 25. Kapitel jenes Klassikers auf. Da steht Jesu Regel fürs Glücklichsein: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr für mich getan." Die taugt übrigens weniger für Sonntagsreden, sondern wirklich für die Zeit dazwischen.

Rudi Rupp,
evang. Dekan am bayer. Untermain