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Glück durch Schuld

Nach dem Entzünden der Osterkerze ertönt in der katholischen Liturgie der Osternacht ein Lobgesang, dessen Sprachbilder so faszinierend wie manche seiner Aussagen paradox sind. Auf dem Höhepunkt ist von der „glücklichen Schuld“ die Rede. Wie klingt das in einer Zeit, in der bei Schuld und Kirche fast spontan an Vertuschung gedacht wird?

Glück hat in diesem Verständnis nicht nur für die Opfer einen sehr fahlen Beigeschmack.
An Ostern geht es um den grundsätzlichen Umgang mit Schuld und die Frage der Wiedergutmachung. Dank Ostern gibt es für die Christen Schuld immer im Zusammenhang mit dem Angebot der Vergebung und der Aufarbeitung. Verschweigen kommt einer Ablehnung dieses Angebots gleich. Aus dem Verhängnis der Schuld, aus der Tragödie der Antike wird die christliche Freiheit zur Annahme und Verantwortung von Schuld. Die Freiheit zum Eingeständnis: „Ich habe Schuld auf mich geladen! Ich stehe in der Schuld der Opfer.“ Das hat beispielsweise ein Petrus gelernt. Das Verhängnis, an dem er Anteil hatte, lautete: Wenn auch alle anderen sündigen, ich werde heilig bleiben! Meine Weste bleibt wie immer sauber. Verrat kommt in meinem Leben nicht vor! Gerade dieser Apostel, in der Überlieferung der erste Papst, fällt tiefer als alle anderen. Doch nicht dieser Skandal ist entscheidend, wichtiger ist, dass er das Geschehene nicht verdrängt, nicht weg-erklärt, sondern, dass er zu seinem Versagen steht. Das kann er aber nur, weil ihm die Vergebung zuteil wurde und er damit aus der Sackgasse schlimmsten Treuebruchs wieder herauskam. Diese Vergebung beginnt mit dem Wunsch des Auferstandenen: „Friede sei mit dir!“
Vergebung macht Aufarbeitung möglich, Aufarbeitung im Gefolge von Ostern. „Liebst du mich wirklich?“ Dreimal wird der österliche Jesus Petrus diese Frage durch den geschehenen Verrat hindurch stellen. Das Christentum ist in seinem innersten Kern eine Freundschafts-, ja Liebesbeziehung zu Jesus Christus, eine Beziehung, die durch das Versagen, durch den Verrat hindurch gelebt wird. Glückliche Schuld? Es geht um das grundlegende Geschenk der Vergebung, und noch mehr eine Verpflichtung: zur Konfrontation mit der Schuld und deren Aufarbeitung – zuallererst um der Opfer willen. Nur so kann Leben glücklicher werden!
Dieser notwendigen Auseinandersetzung gilt das „Fürchtet euch nicht!“ des Ostermorgens. Wir Christen brauchen keine Angst vor dem Leben zu haben, auch nicht vor seinen Abgründen und Verstrickungen. Christus will, dass wir das Leben haben und es in Fülle haben. Und nicht erst später, sondern in diesem Augenblick. Deswegen: kein Verschweigen, keine Reservate, keine Berührungsängste, mit dem Auferstandenen mitten rein ins Leben – spätestens jetzt!
Stefan-B. Eirich, katholischer Stadtdekan