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"Gemeinschaftsinn führt zum Erfolg"

Er ist kein Mann für Panik-Mache: Peter Bofinger, Professor für Volkswirtschaft an der Universität in Würzburg, gehört zu den Wirtschaftsexperten, die Deutschland trotz anhaltendem Krisengerede nicht vor dem Untergang sehen. Am Nikolaustag war er auf Einladung der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) und dem Martinusforum im Aschaffenburger Martinushaus zu Gast.
Rektorin Hildegard Gosebrink baute auch gleich eine Brücke vom Tagesheiligen zur Frage nach einer Wirtschaftsethik. Sie griff die Legende auf, nach der Nikolaus einen Kapitän überredet hat, seine für einen anderen Ort geladenen Weizen der hungernden Bevölkerung von Myra zur Verfügung zu stellen. Der Seefahrer lies sich überreden und hatte doch keinen Schaden: wie durch ein Wunder hatte er zwar alles hergegeben und trotzdem war bei seiner endgültigen Ankunft der Laderaum des Schiffes wieder gefüllt.

Diese fromme Geschichte passte gut zum Vortrag des Wirtschaftsexperten Bofinger, der wiederholt betonte, das man die angeschlagenen Staaten des Euroraumes nicht alleine lassen dürfe. Es führe in die Enge, wenn man kurzfristig nur an seinen eigenen Vorteil denkt. Wer so handelt wie der Kapitän in der Legende , könne laut Bofinger entdecken: „Am Ende ist nicht alles ein Nullsummenspiel, sonder oft eine Win-Win – Situation, bei der jeder etwas davon hat“.

Mit der Deutschen Regierung ist er da nicht in jeder Hinsicht zufrieden. Während sie angesichts der Wirtschaftskrise 2008 gut reagiert hätte, weil sie die Banken stabilisiert und durch Investitionen die Märkte gerettet habe, kritisierte er an der momentanen Diskussion um Krisenstaaten wie Griechenland oder Italien das „oberlehrerhafte“ Auftreten Deutschlands. Diese Politik hätte zu Verunsicherungen geführt, die hätten dann die Zinsen für die Krisenländer in die Höhe getrieben. Bofingers hält als Rezept dagegen, statt nur vom Sparen zu reden lieber die Wirtschaft in den betroffenen Ländern anzukurbeln und die Zinsen für sie niedrig zu halten, damit auch eine reelle Chance bleibt, dass sie ihre Schulden zurück zahlen können.

Außerdem brauche es nach seinen Worten insgesamt auf dem Finanzmarkt eine andere Gesinnung. „Man ist grundsätzlich in der Wirtschaft nur erfolgreich, wenn man auch ethisch handelt“, sagte er. Hier zog er sogar eine Parallele zur Botschaft der christlichen Kirchen: „Ich glaube, der Beitrag der Kirchen ist der, dass sie klar machen, dass das kurzsichtige Eigeninteresse den Menschen selber schadet und dass deshalb das Denken an einen größeren Zusammenhang und an die Gemeinschaft wichtig ist“. Aus der Sicht des Ökonomen fühle sich der Mensch, wenn er so handelt, dann nicht nur besser, sondern sei am Ende auch als Unternehmer erfolgreicher. 

Überhaupt war Bofinger über den ganzen Vortrag hinweg bemüht, Ängste abzubauen. Er rechnete zum Beispiel vor, dass Deutschland auch damit klar käme, wenn es tatsächlich im Rahmen des Euro- Rettungsschirmes einspringen müsste. Die dann fehlenden 370 Milliarden Euro ließen sich nach seinen Worten ausgleichen, wenn das Abgabenniveau wieder auf das Niveau von 1999 angehoben würde. Bofinger nannte auch seine Vorstellungen, was sich in der Finanzwelt ändern müsste, damit es nicht wieder zu solchen krisenhaften Situationen kommt. Er forderte zum Beispiel eine unabhängige Bankenaufsichtsbehörde, schlug die Gründung einer europäischen Ratingagentur als Stiftung vor, damit diese unabhängig von wirtschaftlichen Interessen arbeiten kann und er mahnt insgesamt eine andere Gesinnung an, die den Kunden wieder mehr in den Blick nimmt.

Hier trifft er sich mit einigen Forderungen der KAB, die gemeinsam mit dem Martinusforum den Vortragsabend organisiert hatte. Deren Diözesansekretär Ralph Stapp nannte zudem noch die stärkere Kontrolle des Finanzsektors, das Verbot von hochspekulativen Finanzprodukten und die stärkerer Haftung von Bankvorständen für die Folgen ihres Tun als Punkte, die der Arbeitnehmerverband auf seiner Agenda stehen hat.

Das die Frage nach dem, was zur Zeit mit unserem Geld passiert, viele Menschen bewegt, sah man an der Zahl der Besucher: der Saal des Martinushauses war mit 300 Teilnehmern bis auf den letzten Platz besetzt. Sie hörten einen Vortrag, der die komplizierten Zusammenhänge in der Finanzwelt ein wenig verstehbarer machten und einen Experten, der immer wieder zu mehr Gelassenheit in diesen Fragen aufrief. In der anschließenden Diskussion antwortete er auf die Frage, ob er denn nach seiner Kritik an der Politik auch für einen Posten als Finanzminister zur Verfügung stehe, mit einem ehrlichen: „Es ist schöner, einen Lehrstuhl in Würzburg zu haben als Finanzminister zu sein.“ 

Ein Interview mit Prof. Bofinger finden sie unten zum Download!