Wegen Lebenserfahrungen wie diesen nenne ich den Tag, der an diesem Samstag in den evangelischen Kirchen liturgisch begangen wird, nicht mehr „Reformationsfest“, sondern nur noch schlicht: „Gedenktag der Reformation“. Es ist für mich kein Fest-Tag, sondern ein Tag, der auch an eine dunkle Schattenseite erinnert: Katholische und Evangelische waren einander im Laufe der Jahrhunderte nicht nur wohlgesonnen. Sie haben sich Verletzungen zugefügt und sich gegenseitig ausgegrenzt. Bis heute ist die abendländische Christenheit gespalten in katholische und evangelische Christinnen und Christen.
Ich persönlich halte die Unterschiede zwischen den christlichen Konfessionen für einen Reichtum. Es gibt eine interessante Vielfalt in der christlichen Glaubenswelt, die ich mit Neugier entdecken und bestaunen kann. Die Vielfalt der konfessionellen Wege gründet in der Vielfältigkeit der Menschen. Bei aller Unterschiedlichkeit der christlichen Konfessionen denke ich oft an das Wort des Apostels Paulus im Epheserbrief 4, 3.5:
„Ertragt einer den andern in Liebe und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens; (…) ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.“ Katholische und Evangelische haben ein gemeinsames Fundament: Jesus Christus. Von ihm allein empfangen die Kirchen ihr Leben und ihre Kraft. Christus ist unser Friede. Darum können wir jedem das Seine im Glauben lassen. Wir können einander zuhören und voneinander lernen. Und gewiss auch miteinander teilen, was wir von Christus empfangen.
Philip Messner, evangelischer Pfarrer in Langstadt und Schlierbach.