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„Ein Schatzkästlein der Geschichte“

500. Weihejubiläum der Maria-Schnee-Kapelle in Aschaffenburg – Bedeutendes Dokument der Architektur, Kunst- und Zeitgeschichte

Aschaffenburg (POW) Die Maria-Schnee-Kapelle in der Aschaffenburger Stiftsbasilika Sankt Peter und Alexander verbinden die meisten Menschen spontan mit dem Gemälde der berühmten „Stuppacher Madonna“. Auch die Kopie des Originalbilds ist heute noch der zentrale Mittelpunkt des Raums. Doch das eindrucksvolle Gemälde von Matthias Grünewald ist nur ein Aspekt der Kapelle, die in diesem Jahr ihren 500. Weihetag begeht. „Die Maria-Schnee-Kapelle ist ein Schatzkästlein der Geschichte, in dem Vieles zusammenkommt und verdichtet wird“, sagt Stiftspfarrer Martin Heim. Kardinal Albrecht von Brandenburg (1490-1545), der die Kapelle weihte, habe mit ihr auch ein Zeichen für den Katholizismus gesetzt. „Sie ist nicht nur eine schöne Kapelle, sondern auch ein politisches Manifest“, ist Heim überzeugt. Das Weihejubiläum wird mit einer „Hohen Messfeier“ am Freitag, 21. Oktober, um 18.30 Uhr begangen.

Schon ihre Architektur macht die Maria-Schnee-Kapelle zu etwas Besonderem. Denn eigentlich war an den Seitenschiffen der Stiftskirche kein Platz mehr für Kapellenstiftungen. Die von den Stiftskanonikern und Brüdern Georg und Kaspar Schanz zu Ehren der Heiligen Drei Könige gestiftete Kapelle wurde deshalb um 1500 auf einem eigenen Unterbau über einem Portalvorbau, auch Paradies genannt, errichtet und dominiert so optisch den Stiftsplatz. Die drei Stützpfeiler ziert eine steinerne Anbetungsgruppe – die heiligen drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar bringen ihre Gaben zu Maria und ihrem Kind. „Die Kapelle ist ein großes architektonisches Werk, weil man im oberen Stock bauen konnte“, erklärt Heim. „Sie wirkt wie eine Visitenkarte in die Stadt hinein.“

Bei der Innenausstattung wurden keine Kosten gescheut. „Die Kapelle wurde mit einer überragenden Kunstausstattung versehen“, sagt Heim. Der Stiftskanoniker und Kustos Heinrich Reitzmann hatte bei einer Reise nach Rom 1494/95 die Marienverehrung in der Basilika Santa Maria Maggiore erlebt und gab bei Matthias Grünewald ein Altarbild als Altaraufsatz in Auftrag. Der Künstler schuf daraufhin ein dreiflügeliges Altarbild mit der Madonna als Mittelbild. „Es ist eines der besten Marienbilder weltweit und gehört zu den bedeutendsten Marienbildern der Kunstgeschichte“, sagt Heim über die „Stuppacher Madonna“, die heute in der Kirche „Maria Krönung“ im Bad Mergentheimer Ortsteil Stuppach zu sehen ist. Auf dem rechten Seitenflügel war ein Bild vom Maria-Schnee-Wunder zu sehen, das sich heute im Augustinermuseum in Freiburg im Breisgau befindet. Der linke Altarflügel ist nicht mehr erhalten. Wenn man beide Altarflügel zuklappte, waren auf der Rückseite die Heiligen Drei Könige zu sehen. Sobald die Abendsonne durch das große Westfenster der Kapelle scheine, werde der Altar in ein schönes warmes Licht getaucht, erklärt Heim.

Einen interessanten Einblick in die Geschichte gibt die Inschrift auf dem Sandsteinblock, der zwischen den beiden großen Fenstern an der Nordseite in die Wand eingelassen ist. Kardinal Albrecht von Brandenburg ließ ihn einsetzen. Allerdings erst einige Jahre nach der Weihe, die der Kardinal in der Inschrift auf dem Stein auf den 21. Oktober 1516 datieren ließ. Denn in der lateinischen Inschrift bezeichnet sich der Kardinal unter anderem als Titelkardinal von San Pietro in Vincoli. „Eine Würde, die ihn aber erst am 5. Januar 1521 erreichte“, erklärt Heim und zieht den Schluss: „Das ist kein Grundstein, sondern eine Widmungstafel.“ Der Weihetag sei zugleich das Fest der Heiligen Ursula, einer der Lieblingsheiligen des Kardinals, erklärt Heim.

Die Kapelle sei aber auch ein zeitgeschichtliches Dokument. Die Autoren des Bands „Denkmäler in Bayern. Kreisfreie Stadt Aschaffenburg“ beschreiben Kardinal Albrecht von Brandenburg als einen „der einflussreichsten Fürsten des Reiches im 16. Jahrhundert, Schlüsselfigur der konfessionellen Auseinandersetzungen im Heiligen Römischen Reich und Herrscherpersönlichkeit der Übergangszeit vom Spätmittelalter zur Frühneuzeit“. Im aktuellen Pfarrbrief der Pfarreiengemeinschaft „Sankt-Martin-Aktuell“ fasst Heim den historischen Hintergrund zusammen: „Im nächsten Jahr, am 31. Oktober 2017, jährt sich zum 500. Mal der Tag des sog. Thesenanschlags Martin Luthers und damit der Beginn der Reformation. Heute ist bekannt, dass diese 95 Thesen zu Kardinal Albrecht, dem Reichserzkanzler, nach Aschaffenburg geschickt wurden und hier auch zu seinen Händen ankamen. Eine deutliche Reaktion des Kardinals war zweifelsohne die Einbringung dieses Widmungstextes in der neuen Maria-Schnee-Kapelle, ,SACELLUM HOC ET ALTARE CONSECRAVIT‘, als dem römischsten Ort in der Stiftskirche.“ Zudem habe der Kardinal die Kapelle mit Privilegien ausgestattet, indem er Ablässe stiftete, die fromme Besucher dieses Orts nutzen konnten. „Die Kapelle bringt es auf den Punkt, dass die Ausrichtung nach Rom erhalten bleibt und auch die Möglichkeit, Ablässe zu gewinnen“, lautet das Fazit des Pfarrers.

„Aschaffenburg hatte für Kardinal Albrecht von Brandenburg eine hohe Bedeutung“, sagt Heim. Die Maria-Schnee-Kapelle sei ein zeitgeschichtliches Dokument, in dem sich die Ideenwelt des Kardinals wiederfinde. „Er war intelligent, weitgereist, ein Kunstmäzen par excellence. Und er war ganz klar jemand, der das katholische Profil ausschärfen wollte.“

Das Patrozinium der Maria-Schnee-Kapelle wird jährlich am 5. August gefeiert. Das ist auch der Weihetag der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom, der ältesten Marienkirche der Welt, deren Gründung auf das sogenannte Schneewunder zurückgeht. Die Aschaffenburger Maria-Schnee Kapelle kann samstags und sonntags jeweils von 13 bis 17 Uhr besichtigt werden.

Maria-Schnee-Wunder

Die älteste Marienkirche der Welt ist Santa Maria Maggiore in Rom. Ihre Gründung geht auf das Wunder des Jahrs 380 zurück, als am 5. August auf dem Esquilin in Rom Schnee lag. Die Gründungslegende von Santa Maria Maggiore besagt, dass zur Zeit des Papstes Liberius (352-366) der römische Patrizier Johannes und seine Frau ihren ganzen Besitz der Gottesmutter übergaben und sie baten, sie möge ihnen auf irgendeine Weise zu erkennen geben, wozu sie das Geld verwenden sollten. Daraufhin bedeckte am 5. August, wenn in Rom die größte Sommerhitze herrscht, über Nacht Schnee den höchsten Punkt des Hügels Esquilin. In der gleichen Nacht forderte die Gottesmutter Johannes und seine Gattin im Traum auf, sie sollten an dem Ort, den sie durch den Schneefall andeutete, eine Kirche bauen, die zu Ehren der Jungfrau Maria geweiht werden solle. Als der Patrizier Johannes dies dem Papst berichtete, sagte ihm dieser, er habe im Traum das Gleiche erfahren. Der Papst zog deshalb in einer feierlichen Prozession zum schneebedeckten Esquilin und markierte dort den Platz für die Kirche.

Die „Stuppacher Madonna“

Die „Stuppacher Madonna“ von Matthias Grünewald ist eines der bedeutendsten Werke der christlichen Kunst. Sie wurde 1517 bis 1519 gemalt und bildete das Mittelbild des dreiflügeligen Altarwerks in der Maria-Schnee-Kapelle. 1532 ging das Marienbild als Geschenk an den Deutschen Orden in Bad Mergentheim über. Als die Herrschaft des Deutschen Ordens in Mergentheim endete, fand das Kunstwerk 1812 in der Pfarrkirche „Maria Krönung“ in Stuppach im Süden Bad Mergentheims eine neue Heimat. 2011/12 wurde die „Stuppacher Madonna“ restauriert und ist seit 2012 in der Seitenkapelle der Kirche zu bewundern. Der Originalrahmen mit dem Monogramm Grünewalds befindet sich allerdings noch in der Maria-Schnee-Kapelle. Dort hängt heute eine Kopie des Gemäldes, die der Künstler Christian Schad in den 1940er Jahren anfertigte. (Quelle: Bischöfliches Ordinariat der Diözese Rottenburg-Stuttgart)

sti (POW)

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