Wenn ich mir überlege, was uns Menschen an der Gestaltung unseres Lebens hindert, welche Schicht von „komprimiertem Dreck“ und „Eis“ im übertragenen Sinn unser lebendiges Miteinander erstarren ließ, wenn ich mir überlege, welche Verkrustungen im Alltag mir die Luft zum freien Atmen nehmen, dann spüre ich: Aufbruch tut not! Es wird Zeit, dass es Frühling wird, auch in der Seele! Neues Leben soll durchbrechen, so wie Schneeglöckchen durch die Erde wenn das Eis schmilzt: Ein Durchbruch aus dem Tod zum Leben.
Schon vor der Corona-Epidemie haben wir mit unseren Konfirmanden im Rahmen einer Wochenendfreizeit eine christliche Passah-Seder-Feier gefeiert: An einer dramaturgisch-liturgisch genau festgelegten Stelle wird von jedem Teilnehmer ein gekochtes Ei aufgebrochen: Ein Ei ist von außen (menschlich) betrachtet tot. Genauso wie wir den Tod wahrnehmen: Nichts rührt sich. Und doch ist Leben darin. Wenn die Zeit gekommen ist, wird die Schale von innen her aufgebrochen, ein lebendiges Küken springt heraus. Neues Leben wird offenbar. So ist das auch an Ostern: Die Schale unseres Todes wird durch Jesus Christus zerbrochen. Er hat den Tod besiegt. Er ist auferstanden zu neuem Leben. Und wenn für uns die Zeit da ist, werden wir dieses neue Leben erleben, vollkommen frei von allen irdischen Zwängen und Verkrustungen, völlig frei von Enge, Angst und Eiseskälte.
Die Konfirmanden haben begriffen, warum das Ei zu Ostern gehört: Es ist Zeichen des Durchbruchs zum Leben. Mögen wir davon etwas spüren in dieser nachösterlichen Woche.
Pfarrer Bernd Töpfer, Marktheidenfeld