Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

„Diese Gemeinschaft ist ein Segen“

Gläubige ziehen erste Bilanz nach einem Jahr Franziskanische Gemeinschaft von Betanien in Aschaffenburg – Kloster strahlt weit in das Umland aus

Aschaffenburg (POW) Vor einem Jahr hat Bischof Dr. Friedhelm Hofmann das Kloster der Franziskanischen Gemeinschaft von Betanien in Aschaffenburg eingeweiht. Mittlerweile sind die ursprünglich in Italien beheimateten Ordensfrauen und -männer in den himmelblauen Ordensgewändern für viele Menschen nicht mehr wegzudenken. „Wir hatten anfangs große Bedenken, als es hieß, die Kapuziner gehen aus Aschaffenburg weg“, sagt Günter Kordes (70) aus Hösbach, der sich schon seit langem mit dem Kloster verbunden weiß. In den drei Jahren Vakanz sei er sehr gespannt gewesen, ob und wer wieder Leben in das Haus bringen werde.

Bei Gottesdiensten in der Kapuzinerkirche, welche die Patres schon für die italienische Gemeinde hielten, als sie noch zum Deutschlernen in Würzburg lebten, trafen Kordes und seine Frau Heide (69) dann erstmals auf die italienischen Ordensleute. „Und als wir dann gehört haben, sie orientieren sich an Pater Pio, dachten wir: Das kann schon einmal nicht schlecht sein.“ Das Resümee nach einem Jahr des intensiven Kennenlernens lautet für das Ehepaar kurz und knapp: „Diese Gemeinschaft ist ein großer Segen. In und um das Kloster blüht das Leben.“ Nicht zuletzt als wichtige Aschaffenburger Beichtkirche genieße das Kloster große Akzeptanz.

Dabei gab es anfangs durchaus auch die eine oder andere kritische Stimme, erinnert sich Schwester Maria Francesca Gavirati: „Da sollen Brüder und Schwestern gemeinsam unter einem Dach wohnen – das kann doch nicht katholisch sein!“ Bei der persönlichen Begegnung aber seien alle Zweifel der Aschaffenburger schnell verflogen. „Sie haben uns sehr herzlich und offen aufgenommen – für uns nüchterne Deutsche war das ungewohnt“, attestiert Heide Kordes. So sei in Windeseile der Kontakt zu den italienischen Brüdern und Schwestern entstanden: „Wir konnten uns gegen ihre Freundlichkeit einfach nicht wehren.“ Franziska Prier (61) hat die Begeisterung für die italienischen Ordensleute schon an deren Stammsitz in Terlizzi geführt. „Mein Eindruck: Auch dort herrschen Freiheit, Frömmigkeit und Freude!“

Große Begeisterung herrscht auch bei der italienischen Gemeinde am Untermain. Rund 3600 italienische Katholiken leben im Großraum Aschaffenburg. Jeden letzten Montag im Monat treffen sie sich zum Austausch im Martinushaus, jeden ersten Sonntag im Monat feiern sie die heilige Messe in der Kapuzinerkirche. „Es ist großartig, muttersprachliche Seelsorger und Ansprechpartner zu haben“, sagt Luigi Fuso (49) aus Obernau, Sprecher der Katholischen Gemeinde am Untermain. Gerade in jüngster Zeit gebe es eine richtige Zuwanderungswelle von jungen Akademikern, die zurzeit in Deutschland bessere Berufschancen haben. „Wir sind froh, dass wir unsere Franziskaner haben. Diese besondere Betreuung ist keineswegs selbstverständlich“, betont Rita Masilla (60) aus Goldbach. „Ehrensache, dass wir ihnen gleich die Stadt gezeigt haben.“ Mit etwas Neid betrachtet Fuso die Sprachkenntnisse der Ordenschristen aus Italien. „Ich lebe seit fast 30 Jahren hier und kann nicht so gut Deutsch sprechen wie sie.“

Noch etwas anderes hat die Franziskanische Gemeinschaft von Betanien geschafft: Viele Gläubige sind ihrer Einladung gefolgt und nehmen regelmäßig am Morgengebet, der Laudes, und dem Abendgebet, der Vesper, in der Kapuzinerkirche teil. „Wir haben hier eine Beheimatung im Glauben. Es ist eine große Offenheit und Liebe spürbar, und ein aufrichtiger spiritueller Tiefgang“, beschreiben Martin (48) und Marion (45) Neumann ihre Eindrücke. Für sie sei es selbstverständlich, täglich mindestens eine Gebetszeit in der Klosterkirche mitzumachen. Jens Neidert (47) aus Großostheim schwärmt von den musikalisch ansprechenden Gottesdiensten, davon, dass beim Lobpreis in der Kirche Gottes Geist spürbar sei. „Ich werde jedes Mal in der Messe innerlich berührt.“ Nicht zuletzt, das bestätigen Deutsche wie Italiener einstimmig, begeistere sie die geerdete und daher sehr stimmige Frömmigkeit in Verbindung mit der Gastfreundschaft. „Der Kontakt unter den Freunden der Gemeinschaft ist sehr intensiv, weil es nach den Gottesdiensten immer Gelegenheit für eine Begegnung gibt.“ Insbesondere an den Hochfesten wie Ostern, Pfingsten oder Weihnachten seien die Gottesdienstbesucher im Anschluss zu einem Imbiss eingeladen.

Die so entstehende geschwisterliche Verbundenheit spricht auch Dr. Simon Schultheiss (38) an, der mit seiner Ehefrau Katharina (36) praktisch zeitgleich mit den neuen Klosterbewohnern nach Aschaffenburg kam. Bei der Suche nach einer Gemeinde sei er schnell vom entschiedenen Glauben und dem Geist der Freiheit in der Kapuzinerkirche begeistert worden. Seine Frau berichtet, dass sie kurz nach dem Umzug an den Untermain schwanger wurde. Es habe sie sehr ermutigt und erleichtert zu wissen, dass so viele Menschen für sie und das Kind beteten. „Wenn ich heute mit unserer Tochter Martha in die Kirche komme, höre ich oft den Satz: ‚Da kommt unser Baby!‘“ Sie selbst, die bislang noch nicht der katholischen Kirche angehört, plane, katholisch zu werden.

Ganz reibungslos war für die Franziskanische Gemeinschaft der Start in Aschaffenburg nicht, sagt Bruder Alberto Onofri auf Nachfrage. Die umfangreichen Bauarbeiten an der Klosteranlage und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten dauern noch an. „Es ist aber enorm, wie spontan und herzlich uns die Menschen aufgenommen haben.“ Und auch die anfänglichen Schwierigkeiten mit dem örtlichen Dialekt seien schnell überwunden gewesen. „Wenn wir etwas nicht verstehen, fragen wir einfach nach.“ Alle, die mit dem Kloster verbunden sind, teilten den Wunsch, dass der Franziskussaal gegenüber der Kirche bald wieder nutzbar gemacht wird. Die kürzlich fertiggestellten Gruppenräume im Kloster seien schön, für größere Veranstaltungen aber nicht geeignet. Auch das Entgegenkommen des Martinushauses, das Räume zur Verfügung stelle, wolle man nicht überstrapazieren.

Ein häufiges Missverständnis möchte Schwester Francesca Scalici noch beseitigen: „Als Gemeinschaft hat Gastfreundschaft einen besonderen Stellenwert für uns, da dies eine tragende Säule unseres Charismas ist. Wir sind immer offen für Menschen, die zu uns kommen, um Gott zu treffen, unsere Spiritualität kennenzulernen und das Leben mit uns zu teilen.“ Das könnten Priester sein, die auftanken möchten, Menschen, die auf der Suche nach Gott sind oder zurück zu ihm finden wollen. Aber auch Familien oder Einzelne können eine spirituelle Anregung finden. „Wir sind aber keine Notunterkunft und kein alternatives Stadthotel“, erklärt sie schmunzelnd.

Weit über den Schatten des Klosters hinaus sind die Ordensleute ebenfalls regelmäßig aktiv: in der Justizvollzugsanstalt im Aschaffenburger Stadtteil Strietwald. Dort sind etwa 160 Gefangene in Haft. Jeden Montag sind die Ordensleute dort als Seelsorger im Einsatz. Die Frauen betreuen die rund zehn inhaftierten Frauen, die Männer die männlichen Gefangenen. Alle zwei Wochen feiern sie dort auch einen Gottesdienst. „Das Gespräch mit uns ist für die Gefangenen ein wichtiges Ventil, um ihrer Wut, ihrer Ohnmacht und ihren Sorgen einen Raum zu geben“, berichtet Bruder Alberto. Wichtig sei es für die Brüder und Schwestern, den Menschen zuzuhören und Hoffnung auf einen Neuanfang zu machen. „Wir haben schon so manche staunenswerte Bekehrung erlebt“, erzählt Schwester Maria Francesca. Und auch in Sachen Ökumene zeige der Einsatz Früchte: „Mit dem evangelischen Gefängnispfarrer Markus Geissendörfer verbindet uns eine Freundschaft.“

Markus Hauck (POW)

(1604/0373; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet

Weitere Bilder