Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Die erste Traube des Jahres

Vor mir hängen die ersten reifen Trauben dieses Jahres. Genussvoll esse ich eine von ihnen und spüre die Festigkeit der Schale, die Süße des Saftes und die Härte der Kerne. Die erste Traube zu kosten ist ein Genuss, denn diese Trauben gibt es nur im August. Ich habe lange gewartet eine reife Traube essen zu können, seit sich die ersten grünen zeigten. Das Warten hat den Genuss noch verstärkt, wie das auch im Leben sein kann: die Vor-Freude auf ein Wiedersehen, auf einen Kuss, auf einen freien Abend, auf einen Urlaub – die Vor-Freude macht die „Erfüllung“ kostbar. Es scheint dem Leben Tiefe und Genuss zu geben, dass wir nicht alles zu jeder Zeit und sofort „haben“ können.

Im Genuss der reifen Traube liegen auch die die Erfahrungen der vergangenen Monate. Im Herbst wurde der Weinstock beschnitten. Im Winter stand er kahl und scheinbar leblos da. Im Frühjahr wuchsen Triebe, Blätter und Früchte. Auch unserem Leben liegt ein Rhythmus inne: manches wird welk und kann losgelassen werden, in Winterzeiten kann neue Kraft geschöpft werden, in Frühjahreszeiten zeigt sich neues Leben. Wie gehe ich mit den verschiedenen Zeiten in meinem Leben um? Kann ich sie zulassen und als wertvolle und (lebens)wichtige Zeiten schätzen? Ob sich reife Trauben entwickeln können, hängt auch vom Wetter ab. Selbst wenn der Weinstock gärtnerisch gepflegt wird kann niemand erzwingen, dass er Früchte trägt. Es liegt nicht (nur) in unserer Hand, was reifen kann. Jede Lebens(Frucht) ist ein Geschenk: z.B. tragende Beziehungen zu finden, Kinder zu bekommen, gesund zu sein oder zu werden. Auch wenn wir uns immer mehr optimieren sollen und wollen – es gibt kostbare Lebensgeschenke, die nicht „machbar" sind. Das Essen der ersten Traube dieses Jahres zeigt mir wie genussvoll das Leben sein kann – weil alles seine Zeit hat und jede wertvoll ist. Leben darf sich entwickeln und viele kostbare Momente sind nicht „machbar" und nicht immer zu „haben". Die Geschenke unseres Lebens zeigen uns auch die Zuneigung Gottes für jede und jeden von uns. Ich wünsche Ihnen Genuss an allem, was in diesen Wochen reif wird – und viele Momente, in denen Sie Geschenke des Lebens erleben und wertschätzen können

Christiane Knobling
Leiterin der Ökumenischen Telefonseelsorge Untermain