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Der andere Advent

Der Advent 2015 ist für mich anders als die Jahre zuvor. Sonntag vor einigen Wochen: Presseclub um Zwölf in der ARD. Thema war die Herausforderung angesichts der vielen Flüchtlinge in unserem Land. Am Nachmittag traf ich auf dem Schulhof junge syrische Männer beim Tischtennisspielen. Zwei Tage zuvor waren sie in Gemünden angekommen.

In der Schulturnhalle hatten sie mit 100 anderen eine vorübergehende Unterkunft gefunden. Auf Englisch klappte die Verständigung. Eben noch distanzierter Zuschauer, war das Thema plötzlich hautnah. Amir, Yassir und die anderen zeigten mir Fotos des Krieges, dem sie entronnen waren. In den nächsten Tagen erzählten sie mir vom Bombenterror, von Verhören durch IS-Kämpfer und von den Stationen ihrer gefährlichen Flucht bis nach Deutschland.
Aus der Vielzahl der Flüchtlinge kenne ich jetzt konkrete Gesichter. Ich habe die frisch herausoperierte Kugel gesehen, die einem der Männer zwei Jahre im Rücken steckte und ihm Schmerzen verursachte. Er und drei andere waren Gäste in meinen Schulklassen, haben ihre Geschichten erzählt und Fragen der Jugendlichen beantwortet. Bei den traditionellen "Abendgesängen" im Pfarrverband, die Musikgruppen mit Liedern und Texten gestalten, haben sie ein Lied gesungen voller Sehnsucht nach dem verlorenen Zuhause. Das war bewegend für die Menschen in der Kirche, darunter viele andere syrische Flüchtlinge. Manche hatten Tränen in den Augen.
An diesem Abend haben wir auch das Lied „Aller Herren Länder" von Heinz Rudolf Kunze gesungen, 16 Jahre alt und aktueller als je zuvor. Da heißt es: „Winde wehen rauher, Wellen schäumen Wut, nur ums nackte Leben, nicht um Hab und Gut. Bleiche Ausgesetzte klammern sich ans Boot, draußen treiben Hände ab in höchster Not. Bringen wir das fertig, ist die Arche voll? Weiß hier keiner, was man tun und lassen soll? Du wirst nie zuhause sein, wenn du keinen Gast, keine Freunde hast. Dir fällt nie der Zauber ein, wenn du nicht verstehst, dass du untergehst wie alle Menschenschänder aller Herren Länder."
Das ist mein Adventslied 2015. Es drückt meine Wut aus angesichts der dumpfen Sprüche der Rechtspopulisten. Auch wenn ich kein Patentrezept sehe für die Herausforderung, vor der wir alle stehen, bin ich überzeugt: Jeder, der nur eine Person aus der Gruppe unserer neuen Gäste kennenlernt und sich Zeit nimmt für ihre Erlebnisse, bekommt eine andere Perspektive.
Liebe Leserinnen und Leser,
in unseren weihnachtlichen Krippen wird ein Kind liegen, geboren in einem Stall, weil seine Eltern an den Türen abgewiesen wurden. Bald nach der Geburt musste die junge Familie vor den Todeskommandos des Herodes nach Ägypten fliehen. Jesus in der Krippe, ein Flüchtlingskind. Hat es bei uns eine Chance?

Burkhard Fecher, Gemünden,
Pastoralreferent, Ehe-, und Familienseelsorger;
Ehe-, Familien- und Lebensberater