Die Napoleonischen Kriege waren gerade vorüber. Da dichtet Heinrich Ranke auf die populäre Melodie von Händel ein neues Lied: „Tochter Zion, freue dich! Jauchze laut, Jerusalem! Sieh, dein König kommt zu dir. Ja, er kommt, der Friede-Fürst.“ Schnell wird es zur „Grundzutat“ der bürgerlichen deutschen Weihnacht. Später hat ihm Thomas Mann in seinem Roman „Die Buddenbrooks“ ein literarisches Denkmal gesetzt. Inmitten des Durcheinanders in der Welt und inmitten von so viel Kämpfen und Leid verkündigt dieses Lied mit seiner strahlenden Melodie die frohe Botschaft vom kommenden Messias-König Jesus Christus. Vorfreude auf den Friedefürsten darf uns erfüllen. Den Nazis passte das Lied mit den Bezügen auf Israel (Zion und Jerusalem) nicht mehr. Es wurde verboten. In dem NS-Buch „Lichtfeier. Sinn, Geschichte, Brauch und Feier der deutschen Weihnacht“ hieß es 1939: „Auf Lieder wie ›Tochter Zion, freue dich ...‹ ... könnten wir Deutsche wohl verzichten, aber nicht auf unseren Weihnachtsbaum. Er gehört keiner Kirche und keiner Konfession.“ Auch in den staatlichen Kindergärten der DDR war es verboten, im Advent christliche Lieder zu singen. Und heute? Lassen wir die christliche Botschaft mit ihren Advents- und Weihnachtsbräuchen im Fortgang der Verweltlichung freiwillig dahinfahren? Wie viel ärmer werden wir an Hoffnung und Sinn sein! Die Welt steht zwischen dem ersten und dem zweiten Advent, zwischen der Geburt Jesu vor rund 2000 Jahren in Niedrigkeit und seinem Wiederkommen in Herrlichkeit. Seit 2000 Jahren wird das Licht des Glaubens in vielen Menschen entzündet – da wo man sich öffnet. Das Friedensreich Gottes beginnt in unseren Herzen – freiwillig und klein. Öffnen wir uns doch der Botschaft Jesu und stimmen mit in die Adventslieder ein.
Till Roth
Dekan in Lohr a.Main