Nach christlichem Verständnis besteht der größte Schatz nicht in den vielen Gaben und Entfaltungsmöglichkeiten, sondern in der Beziehung zum Geber, zu Gott. Dabei ist diese Beziehung („Glaube") keineswegs bei jedem von vornherein vorhanden; und wenn sie vorhanden ist, dann ist sie immer umstritten und umkämpft. Jesus erzählt, dass das Evangelium, das Wort Gottes – durch das die Beziehung zu Gott am besten angeregt wird – wie eine Saat auf das Ackerfeld unseres Lebens ausgestreut wird. Eine Saat unter vielen! Ob sie eine Chance hat aufzugehen ist nicht gesagt! Das führt uns zur Frage: Was hat in unserem Leben Raum zur Entfaltung? Womit beschäftigen wir uns? Was lassen wir eindringen? Wo setzen wir Schwerpunkte? Womit lassen wir uns berieseln? Es erscheint mir gerade in unserer Wohlstands- und Unterhaltungsgesellschaft eine kostbare Hilfe, wenn Jesus uns vor einem Zuviel an Beschäftigung warnt: „Unter den Sorgen, dem Reichtum und den Freuden des Lebens" (Lukas 8,13) erstickt die Saat des Wortes Gottes. Und aus der Perspektive Gottes sagt Jesus über das Ganze eines Lebens sogar: „Es bleibt ohne Frucht." Es macht mich immer wieder sehr nachdenklich, dass Jesus in dem, was uns so erstrebenswert und angenehm scheint – Wohlstand und unbeschwertes Leben – eine deutliche Gefahr für die Entfaltung unseres Geschöpfseins sieht. Unsere Erfahrung bestätigt: Obwohl wir meinen, durch Wohlstand und Sicherheit ein weitgehend sorgenfreies Leben führen zu können, ist das Gegenteil der Fall: Die Sorgen mehren sich und zerstreuen uns. Wenn wir dagegen Gott mehr Raum geben würden, würde das Vertrauen, dass unser Leben von ihm umsorgt ist, wachsen.
Till Roth, Dekan in Lohr a.Main