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Besser spät als gar nicht

Sehr gefreut habe ich mich kürzlich über eine Nachricht aus meiner Heimatstadt Würzburg: Eine Straße dort wurde umbenannt. Bisher trug sie den Namen eines ehemaligen Oberbürgermeisters, der in seiner Doktorarbeit viel Nähe zur Nazi-Ideologie zum Ausdruck gebracht hatte. Nun heißt die Straße nach Georg Angermaier.

Er war als Christ überzeugter Gegner des Nationalsozialismus und stand in Kontakt zu Widerstandsbewegungen. Angermaier starb 1945 bei einem nicht genau geklärten Unfall, an dem ein Fahrzeug der SS beteiligt war.
„Warum kommt diese Aktion erst so spät?", fragen die einen. „Lasst doch die alten Sachen ruhen!", meinen dazu andere.
Ich bin überzeugt: Diese Umbenennung ist auch noch jetzt, über 70 Jahre nach Ende des Nazi-Terrors, eine richtige und wichtige Entscheidung. Sie ist ein Signal für heute, dass einem solchen Rassenwahn in unserer Gesellschaft nie wieder Raum gegeben werden darf.
Sie ist aber auch eine Mahnung an die vielen in unserem Land, die als einzelne oder als Organisationen nach Ende des Dritten Reichs zu viel verdrängt und zu wenig aufgearbeitet haben. Immer wieder erschrecken mich Berichte, wie verbrecherische Ärzte oder Juristen in den Nachkriegsjahren unbehelligt als „unbescholtene und geachtete Bürger" mitten in unserem Land gelebt und gearbeitet haben. Der vielfältigen Schuld während der Hitler-Zeit folgte die Schuld der Verdrängung der Nachkriegsjahre, der wir uns auch heute noch stellen müssen.
Wenn es um die Benennung von Unrecht und um die Würdigung der Opfer geht, darf die Devise nur heißen: „Besser spät als gar nicht!
Was für unsere Gesellschaft Not tut, brauchen wir aber genau so im persönlichen Miteinander. Auch da gibt es in Beziehungen Schuld, die über lange Jahre nicht eingestanden wurde, Verletzungen, die nie zur Sprache gekommen sind. Die Zeit heilt nicht alle Wunden, das erfahren viele Menschen sehr schmerzhaft.
Schuld eingestehen, Fehler zugeben, Mitgefühl zeigen, Verletzungen benennen, um Verzeihung bitten und sie geben – das kann auch nach vielen Jahren für beide Seiten sehr befreiend sein. Verschweigen und Verdrängen schafft neues Unheil. Deshalb kann da die Devise nur heißen: „Besser spät als gar nicht!"

Peter Michaeli,
Pastoralreferent und Eheberater in Aschaffenburg