Zachäus, der kleine Zollpächter in Jericho, ist das biblische Vorbild für einen Perspektivwechsel. Um Jesus zu sehen steigt er nicht auf einen Tisch, sondern auf einen Maulbeerfeigenbaum. Eigentlich versteckt er sich. Er hat Angst vor den Leuten und kennt sein eigenes, ungerechtes Verhalten als Steuereintreiber im Dienst der römischen Besatzungsmacht. Aber die geheime Sehnsucht, dass sich in seinem wohlhabenden, aber einsamen Leben etwas verändert, sitzt mit dort oben. Das Unerwartete geschieht: Jesus sieht ihn. Unter seinen Augen gewinnt Zachäus Ansehen und neue Freiheit. Jesus kommt in sein Haus. Dort wird die neue Perspektive des Zachäus ins Leben übersetzt und gefeiert. Die Umstehenden stehen vor der Wahl, sich zu entscheiden. Folgen sie dem Propheten aus Nazareth und seinem „Programm“, Barrieren zu brechen, Ausgegrenzte in die Mitte zu stellen und sich für Versöhnung einzusetzen?
Ich wünsche Ihnen, liebe Leser:innen, einen spannenden Wahlabend.
Ihnen und den politischen Mandatsträger:innen im neuen Bundestag wünsche ich die Fähigkeit, sich den Herausforderungen zu stellen. Wer sich in die Perspektive eines Menschen versetzt, der durch die Auswirkungen des Klimawandels in der Flut fast alles verloren hat oder wer sich in die Situation einer alleinerziehenden Mutter einfühlt, die jeden Euro dreimal umdrehen muss, wird sein alltägliches und politisches Handeln danach ausrichten, was der Schöpfung und der Gerechtigkeit dient. Wählende und Gewählte, die „auf den Tisch steigen“, die Perspektive wechseln und authentisch sind, machen unsere Gesellschaft stark und bauen Zukunft.
Burkhard Fecher, Gemünden
Pastoralreferent, Ehe-, Familien- und Lebensberater