Also nahm ich die Batterie wieder heraus, stellte die Uhr eine Minute vor und wartete, bis tatsächliche Zeit und die Stellung des Sekundenzeigers überein stimmten.
In diesem Augenblick kam mir der Gedanke: Wie wäre das doch toll, wenn so etwas auch „in echt“ ginge – einfach die Zeit anhalten und in diesem Augenblick verweilen! Und ich allein dürfte bestimmen, wann die Zeit wieder weiter läuft.
Und gleich fielen mir einige Situationen des vergangenen Sommers ein, kostbare Augenblicke, in denen ich so gerne die Zeit angehalten hätte. Ich bin sicher, auch Sie haben solche Momente erlebt. Kein Wunder, so kam mir in den Sinn, dass gerade in dieser schönen Sommerzeit so oft das Lied der „Toten Hosen“ im Radio gespielt wurde: „An Tagen wie diesen wünscht man sich Unendlichkeit“. Ja, in diesem Lied geht es auch um die Sehnsucht, die Zeit anzuhalten. Wie wunderbar wäre es doch, wenn kostbare Tage, Stunden oder auch nur Momente doch nie vergehen und ewig dauern würden.
„Unendlichkeit“ oder „Ewigkeit“ - das klingt ein bisschen fad, wenn man sich darunter nur unendlich ausgedehnte Zeit irgendwann nach dem Tod, im unbekannten Jenseits, vorstellt. Aber Unendlichkeit oder Ewigkeit als grenzenloses Erleben einer wunderbaren Situation, das hat etwas. „Die Ewigkeit ist nichts anderes als die Tiefe des Augenblicks“, so hat es jemand formuliert - und er hat Recht, finde ich. In solchen tiefen Augenblicken bekomme ich staunend eine Ahnung davon, was „ewiges Leben“ bedeuten kann: Grenzen verschwinden, unsere beschränkten Vorstellungen von Zeit und Raum haben keine Bedeutung mehr.
Mein Blick auf die Wanduhr zeigte mir: Es ist Zeit, dass die Zeit wieder läuft. Fast ein bisschen wehmütig habe ich die Batterie wieder eingesetzt und der Sekundenzeiger fing wieder an weiter zu wandern. Doch ich bin mir sicher: Es gibt mehr als die vergehende Zeit – es gibt Unendlichkeit.
Peter Michaeli,
Pastoralreferent in Aschaffenburg (Leider und Nilkheim)

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