Alles neu – auf diese Herzens-Sehnsucht der Menschen antwortet in der Bibel Gott selbst: „Seht her, nun mache ich etwas Neues; schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht?" (Jes 43,19) Nicht der Mai, sondern Gott, die Quelle des Lebens, lassen immer wieder Neues entstehen und wachsen. Um eine Zukunftsperspektive für verschleppte Menschen und Kriegsvertriebene ging es damals, um Freiheit und ein neues Leben. Diesen Moment, diese neue Chance sollten sie nicht verpassen!
Aber nicht immer kann ja „alles neu" sein. Oft ist mein Alltag einfach wie immer. Da begegnet mir wenig Neues, Spannendes, Herzerfrischendes. Und manchmal gibt es auch für die Menschen, die sehnlichst auf eine neue Lebens-Chance warten, wenig Aussichten auf gute Neuigkeiten. Trotzdem nehme ich mir das prophetische Wort des Jesaja zu Herzen: „Schaut her, ich mache etwas Neues!" Und vor allem die Frage am Ende lässt mich nicht los: „Merkt ihr es denn nicht?"
Jeder Morgen, an dem die Sonne aufgeht, ist wie eine neue Mini-Schöpfung – ein ganz neuer Tag, voller Möglichkeiten, ein Geschenk. Manchmal spüre ich das, wenn ich in den Tag starte; dann freue mich auf all das, was mich heute erwartet, manches vielleicht ganz neu und überraschend. Auch wenn es nur kleine Dinge sind – ich nehme mir vor, sie zu sehen, als wenn sie ganz neu wären. Wenn ich nicht alles, was mir an Gutem begegnet, für selbstverständlich und normal halte, dann ist das Leben voller Überraschungen, spannend und immer wieder neu.
Und in den Situationen, wo sich so gar nichts zu verändern scheint, da halte ich mich an dem Satz fest wie an einem Versprechen, das Gott uns gibt: „Seht her, ich mache Neues, es kommt schon zum Vorschein – merkt ihr es nicht?" Gott hat noch ungeahnte Möglichkeiten; der Mai-Anfang erinnert mich wieder einmal daran.
Dr. Ursula Silber,
Rektorin im Martinushaus Aschaffenburg