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Abschied von einer „guten Seele“

Karl-Theodor-von-Dalberg-Gymnasium erinnert an Tal Lahat aus Israel – Im Alter von 20 Jahren bei Militäreinsatz getötet – 2019 beim Stolpersteinprojekt des Gymnasiums mit der Rabin High School mitgewirkt

Aschaffenburg (POW) Eine ungewöhnliche Gedenkveranstaltung hat am Donnerstag, 13. März, am Karl-Theodor-von-Dalberg-Gymnasium in Aschaffenburg stattgefunden. Die Israelin Ronit Lahat war gekommen, um an ihren Sohn Tal zu erinnern, der hier 2019 an einem Projekt zu den Stolpersteinen mitgearbeitet hatte. Diese goldenen Gedenkkacheln werden in ganz Deutschland verlegt und erinnern an Juden, die in der Zeit des Nationalsozialismus vertrieben oder ermordet wurden. Im vergangenen Sommer wurde Lahats Sohn als israelischer Soldat im Alter von 20 Jahren bei einem Einsatz zur Befreiung der jüdischen Geiseln aus der Gewalt der Hamas getötet. Zur Gedenkfeier kamen Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Elias Jungheim, akademischer Leiter des israelischen Generalkonsulats in München, und Jo-Achim Hamburger, Vorsitzender der israelischen Kultusgemeinde Nürnberg. Die Stadt Aschaffenburg war durch Bürgermeister Eric Leiderer vertreten.

An der Schule versammelten sich die Gäste mit den Schülerinnen und Schülern des aktuellen Seminars. Die Gruppe war groß, denn derzeit sind Schüler der Rabin High School in Kfar-Saba zu Gast, der israelischen Partnerschule. Auch Schüler der Würzburger David-Schuster-Realschule waren angereist. Dort wurde im vergangenen Schuljahr begonnen, das Projekt für die in Würzburg verlegten Stolpersteine weiterzuverfolgen. Auch sie werden im Mai Besuch von israelischen Schülern erhalten. Über Videokonferenzen und die sozialen Medien sind sie bereits mit einigen in Kontakt.

Bei der Gedenkfeier wurde mit Bildern an den jungen Mann erinnert. Die Gäste sprachen ihre Anteilnahme aus und betonten, wie wichtig solche Begegnungsprojekte seien, weil sie zum einen die Opfer des Nationalsozialismus vor dem Vergessen retten und zum anderen Begegnungen ermöglichen, die das gegenseitige Verständnis fördern. Anschließend brachen die etwa 100 Menschen in die Innenstadt auf. An dem Ort in der Fußgängerzone, an der ein Stolperstein an die Jüdin Selma Solinger erinnert, machten sie Halt. Solinger war 1941 von hier deportiert und in Litzmannstadt ermordet worden. An dem Stolperstein wurde ihre von Tal gemeinsam mit seinem deutschen Partnerschüler Philipp im Rahmen des Projekts verfasste Biografie verlesen. Dann ging es in das Haus Wolfsthalplatz, das jüdische Museum direkt neben der ehemaligen Synagoge. Rabbi Schimon Grossberg brachte dort bei einer kleinen Zeremonie eine Mesusa am Türrahmen an. Das ist ein traditionelles Zeichen, das auf biblische Traditionen zurückgeht und sichtbar macht, dass in diesem Haus Juden zuhause sind.

Bei dem Stolpersteinprojekt, an dem Tal Lahat gemeinsam mit Klassenkameraden aus Israel und Schülern eines Praxisseminars des Karl-Theodor-von-Dalberg-Gymnasiums gearbeitet hatte, geht es um eine App, die Hintergrundinformationen zu den auf den Stolpersteinen genannten Menschen liefert. Das Programm, das vom Aschaffenburger Juden Oded Zingher entwickelt wurde, wird auf dem Smartphone installiert und ermöglicht, über die Bestimmung des Standorts weitergehende Informationen zu diesen Opfern zu erhalten. Die Aufgabe der Schülerinnen und Schüler ist es, diese Informationen in den Archiven zusammenzusuchen und aufzubereiten. Die deutschen Schüler nehmen dabei Kontakt zu Schülern in Israel auf. Gegenseitige Besuche gehören zum Projekt, soweit es die aktuelle Situation zulässt. So lernen sich die jungen Menschen über Grenzen hinweg kennen und Freundschaften entstehen. Genau so war es 2019, und dementsprechend groß war die Betroffenheit bei den ehemaligen Projektmitarbeitern, die an der Gedenkveranstaltung teilnahmen. Sie hatten Tal als „eine gute Seele“ kennengelernt, sagte Konrektor Marco Michelbach.

Ronit Lahat betonte, dass es ihr sehr wichtig war, die Spuren ihres Sohnes in Aschaffenburg aufzuspüren. Sie hoffe, dass bald alle jüdischen Geiseln, die sich noch in der Gewalt der Hamas befänden, frei sein werden. „Sie zu befreien war auch der Auftrag, bei dem mein Sohn ums Leben gekommen ist“, erklärte sie und fügte an: „Wir wünschen sehr, dass nicht noch mehr Familien das durchmachen müssen, was wir durchgemacht haben, und deshalb hoffen wir, dass dieser Krieg so bald wie möglich endet.“

bv (POW)

(1225/0290; E-Mail voraus)

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